Auch Startups werden internationaler, und Schweizer Gründer zieht es öfter mal ins Ausland. Welche Erfahrungen machen Jungunternehmer, die ihr Glück fernab der Heimat versuchen?

Schweizer Gründer im Ausland: Marc Bernegger, Adrian Locher, Adrian Hilti (v.l.n.r.) (Bilder zvg)
Die meisten Länder behaupten von sich, ein ideales Umfeld für Startups zu bieten. „Entrepreneurship“ ist nicht nur cool geworden, sondern kann ein entscheidender Standort-Faktor werden. Auch die Schweiz macht da keine Ausnahme: Standort-Marketing-Verantwortliche landauf und landab loben die tiefen Steuern, das vorteilhafte Arbeitsrecht und die qualifizierten Arbeitskräfte.

Und trotzdem gibt es Schweizer, die es vorziehen, ihr Gründer-Glück im Ausland zu versuchen. Gesicherte Statistiken über ihre Zahl gibt es keine, und auch Schätzungen sind wohl kaum möglich. Startwerk.ch hat deshalb drei Schweizer Gründer über ihre Erfahrungen im Ausland befragt.

Zunächst das Offensichtliche: Die Gründe, welche die Unternehmer ins Ausland ziehen, sind vielfältig: Weil ausser ihm alle Mitgründer Deutsche sind, befindet sich der Hauptsitz von Marc Berneggers Unternehmen Amiando konsequenterweise in München. Und Adrian Hilti studierte in Madrid, als er mit seinem Geschäftspartner die Idee zur Online-Sprachplattform Busuu hatte. Sie entschieden sich, das Unternehmen gerade in der spanischen Hauptstadt zu gründen. Es gibt aber auch handfestere Gründe: Adrian Locher hat die Aktivitäten seines Startups Smaboo nicht zuletzt wegen des viel grösseren deutschen Marktes nach Berlin verlegt (auch wenn der rechtliche Sitz in Zürich bleibt). Den besseren Marktzugang erwähnt auch Marc Bernegger von Amiando. „Die Web-Szene ist in Deutschland zudem einiges weiter als in der Schweiz“, sagt er.

Billigere Arbeitskräfte – und dazu erst noch motivierter

Neben dem grösseren Pool an potentiellen Kunden erwähnen die ausgewanderten Jungunternehmer auch den Arbeitsmarkt als Vorteil. Besonders die tiefen Lohnkosten im Vergleich zur Schweiz machen den Gründern das Leben leichter – auch wenn Adrian Hilti einschränkt, es sei nicht ganz leicht, in Madrid gut ausgebildete und Englisch sprechende Fachkräfte aufzutreiben. Auch die Motivation der Mitarbeiter spielt eine Rolle: In Deutschland sei die Bereitschaft, für ein Startup zu arbeiten, viel grösser, sagt Marc Bernegger – und Adrian Locher ergänzt, die Leute seien geradezu hungrig nach Erfolg.

Locher betont auch speziell das in Berlin herrschende „Gründerklima“ an: „Die Dichte an Gründern und Startups ist in Berlin einfach unvergleichlich hoch. Man hat manchmal das Gefühl, Berlin besteht nur aus Gründern.“ Dieser Umstand habe zwar auch Nachteile, aber insgesamt sei das Umfeld sehr inspirierend. Locher sieht dieses Klima durchaus auch in der Schweiz, allerdings nur beschränkt an Orten wie etwa dem Zürcher Technopark. Denn damit  eine ganze Stadt vom Gründerfieber erfasst werden könnte, müssten die Lebenskosten hierzulande deutlich tiefer sein.

Stress im Behördendschungel

Gut kommen im Vergleich mit dem Ausland die Schweizer Behörden weg: Adrian Hiltis erster Gründungsanlauf in Madrid scheiterte, weil der Notar den Firmennamen falsch schrieb. In Deutschland, sagt Marc Bernegger, würden Unternehmer vom Staat viel zu wenig geschätzt und geschröpft; die Steuerbelastung sei „katastrophal“.

Als wirklich ausgewandert betrachtet sich keiner der Jungunternehmer; alle betonen ihre bestehenden Verbindungen zur Schweiz. Konsequenterweise könnten sie sich auch vorstellen, dereinst als Unternehmer in ihre Heimat zurückzukehren. „Die Schweiz bietet sehr gute Möglichkeiten für junge Unternehmen“, beteuert Adrian Hilti. Aber er fügt auch hinzu: „Alles zu seiner Zeit.“