Mitarbeiter sind das wichtigste und das teuerste Inventar der meisten Startups. Der Zeitpunkt der Stellenschaffung und die Bewerberauswahl dürften die Entscheidungen mit dem höchsten „Einsamkeitsfaktor“ jeden Unternehmers sein.

Die einen raten, bei den ersten Anzeichen von Überstunden im Team neue Mitarbeiter anzustellen. Andere predigen, nirgendwo so sparsam und zurückhaltend zu sein wie bei Neuanstellungen. Und die dritten schliesslich halten die Schaffung einer Human-Ressources-Abteilung für die erste Pflicht nach der Firmengründung. Das scheint mir persönlich doch eher übertrieben.

Aber es ist wohl nicht zu bestreiten, dass Personalentscheide in einem Startup finanziell wie menschlich von weit grösserer Tragweite sind als schon in einem etablierten Kleinunternehmen, ganz zu schweigen von Konzernen, in denen Stellen-Fehlbesetzungen vielfach jahrelang nicht auffallen. Zugleich aber fehlen Zeit und Mittel, um die Stellenbesetzung sorgfältig vorzunehmen.

Schon der Zeitpunkt einer Stellenschaffung will sorgfältig abgewogen werden:

Die Finanzielle Belastung ist gross, weil wiederkehrerend, und sie besteht auch nicht nur aus dem Salär, das mit dem neuen Teammitglied ausgehandelt wurde: Zu den Nebenkosten gesellen sich Arbeitsplatz- und Materialkosten, Spesen und Infrastruktur etc pepe.

Ferner gesellen sich graue Kosten dazu, die in der Buchhaltung noch nicht einmal auftauchen, wie der Betreuungsaufwand: Zeit, die durch die Einführung und die Schulung des neuen Teammitglieds draufgeht. Es gilt, wie bei Supercomputern, das Problem der Parallelschaltung: Irgendwann nimmt die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern soviel Zeit in Anspruch, dass die produktive Leistung insgesamt sinkt statt steigt (was der Schweizer ETH-Professor Anton Gunzinger vor mehr als zehn Jahren mit Software überwand).

Ausser in den seltenen Situationen, in welchen sich eine Neuanstellung sofort und direkt auf den Umsatz und den Gewinn auswirkt (Marketing- und Sales-Personal), liegt in der Einschätzung des Verhältnisses von notwendiger Produktivitätssteigerung und dem effektiv erzielten Resultat ein hohes Risiko. Sogar wenn die Leistung des neuen Mitarbeiters wegen hoher Nachfrage unmittelbar umsatzwirksam würde, besteht keine Garantie, dass der Höhenflug anhält – und das Unternehmen nicht nach der Bewältigung der Spitze plötzlich hohe Lohnkosten am Hals hat.

Aber bis hierher reden wir wenigstens von strategischen Fragen, die mit sachlicher Analyse und einer ebenso sachlichen Einschätzung beantwortet werden können. Im personalwesen gesellt sich aber eine weitere Herausforderung hinzu: Die menschliche Psyche.

Neue Kolleginnen und Kollegen müssen nicht nur die verlangte Leistung bringen, sondern auch in die Kultur des Unternehmens passen. Überflieger mit saloppem Umgangston können genauso zum Problem werden wie wohlerzogene Perfektionisten.

Denn sie basieren auf zwei Sätzen von „soften“ Kriterien, zu deren Beurteilung es – entgegen fast allen andern strategischen Entscheiden im Unternehmen – keine Patentrezepte gibt:

  • Wann ist der richtige Zeitpunkt zur Schaffung einer Stelle (mit gravierender, weil bindender Kostenfolge)
  • Wer ist die richtige Stellenbesetzung (mit hohem Unsicherheitsfaktor betreffend Fähigkeiten und Persönlichkeit).

Fachliteratur und Leitfäden gibt es selbstredend für alle Aspekte der Personalproblematik. Unser Partner, das Institut für Jungunternehmen, hat beispielsweise in seinen Expertentipps einen ganzen Themenblock rund ums Personal.

Aber so viele Tipps es zu gesetzlichen Ansprüchen, Bedingungen und Kostenberechnungen gibt, so wenig kann dem individuellen Unternehmer oder der Unternehmerin ein Buch oder eine Anleitung wirklich helfen, den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Bewerber für eine neue Stelle zu finden.

Deswegen gibt es Experten, die schlichtweg behaupten, dass es bei Startups am Anfang grundsätzlich schief geht mit den neuen Mitarbeitern. Das liege an fehlenden oder falschen Definitionen sowohl der Tätigkeit des neuen Mitarbeiters als auch der an ihn zu stellenden Anforderungen. Anderswo wird schlicht die Rekrutierarbeit der Startups als unprofessionell bezeichnet. Allerdings gestützt auf den Umstand, dass sie weniger häufig mit Personalberatern und Inseraten und mehr im persönlichen Umfeld auf die Suche machen, was ich in Zeiten des social Networking nicht mehr einfach als „unprofessionell“ bezeichnen möchte.

Und die „10-Punkte Regeln“ der Gurus? Sie widersprechen sich vielfach diametral. Wo der eine dringend empfiehlt, auf ausgewiesene Profis zu setzen (Marketing), sagen zwei andere, das meiste könne man selber machen oder zunächst ganz drauf verzichten.

Für Beispiele von Faustregeln und Vorgehensweisen aus der Praxis wäre ich dankbar (per Mail oder Kommentar).