Was sind die Basics beim Schützen von geistigem Eigentum? Teil eins unseres Überblicks zum Thema Patentschutz.

Von Prof. Dr. Heinz Müller, Patentexperte am Institut für geistiges Eigentum


Was lässt sich schützen? Kann man eine Idee patentieren lassen?

Ideen lassen sich nicht schützen; nur deren realisierte Ergebnisse. Man muss also immer ein Produkt oder zumindest eventuell einen Prototypen vorweisen können, um einen entsprechenden Schutz zu erlangen. Künstlerische Werke sind durch das Urheberrecht automatisch nach dessen Erschaffung geschützt (Copyright). Die formelle Eintragung des Schutzes von künstlerischen Werken ist somit nicht notwendig, aber der Urheber des Werkes sollte zweifelsfrei bekannt sein. Für industrielle Formen kann die Eintragung eines Designschutzes beantragt werden. Marken (Namen und Logos) können ebenfalls zum Schutz registriert werden. Technische Erfindungen können patentiert werden. Die Technizität kann durch ein Gerät oder eine Maschine, ein Erzeugnis, ein Arbeits- oder Herstellungsverfahren oder eine Verfahrensverwendung eines Erzeugnisses gegeben sein. Nicht patentfähig sind u.a. Entdeckungen, Theorien, ästhetische Formschöpfungen, Pläne und Regeln für gedankliche Tätigkeiten (z.B. Buchhaltungsanleitungen, Trainingsprogramme für Sportler etc.) und Programme für die reine Datenverarbeitung. Im Patentantrag muss die Erfindung so dargelegt werden, dass sie von einem Fachmann logisch nachvollziehbar ist (Offenbarung der Erfindung). Designs, Marken und technische Erfindungen können beim jeweiligen Amt (in der Schweiz beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum) zum Schutz angemeldet werden. Die Anmeldungen werden auf Konformität mit den entsprechenden Gesetzen geprüft.

Ist ein weltweiter Schutz von geistigem Eigentum möglich? Wo liegen die Schwierigkeiten?

Geografisch ist der Schutz stets begrenzt. Eine z.B. in der Schweiz angemeldete Erfindung ist nur in der Schweiz patentgeschützt. Internationaler Schutz ist zwar möglich, gilt aber auch hier nicht weltweit, sondern für die entsprechende Region. Es kann z.B. EU-weiter Designschutz erlangt werden. Des Weiteren kann international ein Design bei der WIPO (World Intellectual Property Organisation) in Genf angemeldet werden, Eintragung und Wirkung sind jedoch wiederum national. Marken können ebenfalls EU-weit geschützt und international bei der WIPO angemeldet werden. Eintragung und Wirkung zerfallen jedoch nach der WIPO-Anmeldung wiederum in die nationalen Schutzrechte. Patente können national oder regional erlangt werden. Jeder Staat ist separat für die nationale Erteilung zuständig. Es gibt folgende regionale Schutzmöglichkeiten: in zwei unterschiedlichen Region in Afrika, in den Golfanrainerstaaten, einem kaukasischer Staatenverbund und in dem am Europäischen Patentübereinkommen angeschlossenen Staaten zurzeit 36). Den Schutz in dieser europäischen Region kann über das Europäische Patentamt erlangt werden. Das Europäische Patentamt erteilt einen Schutz, der von den Vertragsstaaten unbesehen übernommen wird. Die Bezahlung der Jahresgebühren muss jedoch für jedes Land separat geleistet werden. Eine internationale Anmeldung für 184 Länder ist bei der WIPO in Genf möglich. Die Erteilung und Verwaltung des Patentes ist jedoch wiederum Sache der einzelnen Staaten. Ein Weltpatent und ein weltweiter Schutz existieren demnach nicht.

Trotz internationalen Übereinkommen und einer gewissen Harmonisierung der Regelungen sind die Schwierigkeiten dieses Systems meist durch die auflaufenden Kosten und der Durchsetzung des Schutzrechts bedingt. Dies gilt insbesondere für den Patentschutz. Je mehr Länder in den Schutz einbezogen werden, umso höher werden die Kosten, da für jedes Land zumindest die Jahresgebühr bezahlt werden muss. Ausserdem können die Kosten für die Übersetzung der Anmeldung in die jeweilige Landessprache sowie für die Vertreter oder Patentanwälte in den einzelnen Ländern mit der Anzahl der Anmeldungen signifikant steigen. Es ist deshalb äusserst wichtig, die Business-Strategie mit einer guten Patentstrategie zu verknüpfen. Ein paar Kriterien dafür, warum in einem einzelnen Land das Patent angemeldet werden soll oder nicht, sind beispielsweise: Ist für mein Produkt im entsprechenden Land überhaupt ein Markt vorhanden? Habe ich die nötigen Vertriebs-, Werbe- und Verkaufsorganisationen, oder habe ich dafür einen guten Lizenznehmer oder andere Partner? Ist das Schutzrecht im jeweiligen Land auch durchsetzbar? Falls einige dieser zentralen Punkte nicht zutreffen, ist es wohl sinnlos, im jeweiligen Land ein Schutzrecht zu beantragen, welches nur Kosten, aber keinen Nutzen erzeugt.

Manche Firmen lassen ihre Innovationen aus Geheimhaltungsgründen nicht patentieren. Was ist von dieser Strategie zu halten?

Einerseits können Patente vor Nachahmern schützen. Andererseits muss der Patentanmelder seine Erfindung in ihrer Gesamtheit in der Patentschrift öffentlich zugänglich machen, was wiederum nicht autorisierte Kopien erleichtern kann. Die Geheimhaltung an Stelle der Patentierung birgt jedoch ebenfalls Gefahren. Erstens sind Produkte, die auf dem Markt sind, jederzeit einsehbar und somit kopierbar; nur Produktionsprozesse sind im Wesentlichen als Betriebsgeheimnis geeignet. Zweitens ist die Überwachung der strikten Beachtung des Betriebsgeheimnisses durch Angestellte, Kunden oder Zulieferer nicht einfach und bei einem sehr grossen Betrieb oft gar nicht möglich. Bei Betrieben überschaubarer Grösse ist dies eher möglich, aber immer noch schwierig durchzusetzen. Innovationen mit kurzen Lebenszyklen, aber komplexer Technologie, lassen sich sicherlich besser geheim halten als langlebige Lowtech-Produkte. Die meisten Erzeugnisse sind jedoch zwischen diesen beiden Extremen einzureihen, und die Beurteilung, ob Schutzrechte für die Innovation erlangt werden sollen oder ob Geheimhaltung für die Businessstrategie von Vorteil sein kann, ist von Fall zu Fall von der Unternehmensleitung zu prüfen.

Wie teuer ist ein durchschnittliches Patent in der Schweiz und wie lange dauert das Verfahren?

Eine Patentanmeldung kostet in der Schweiz nur CHF 200.-. Dazu kommen nach ca. 3 Jahren die Prüfungsgebühren von CHF 500.-. Ab dem 5. Jahr nach der Anmeldung werden Jahresgebühren erhoben. Diese betragen zunächst CHF 100.- und steigen progressiv bis ins 9. Jahr auf CHF 310.- . Das schweizerische Patentsystem ist also kostengünstig und erlaubt auch Einzelerfindern und kleinen KMUs mit einem kleinen Budget ein Schutzrecht zu erlangen. Diese kostengünstige Variante versteht sich ohne Einbezug der Kosten für einen Patentanwalt. Diese sind unterschiedlich hoch, jedoch empfiehlt es sich in beinahe allen Fällen einen Patentanwalt beizuziehen. Oftmals kann nur der Patentanwalt das Patent dergestalt formulieren, dass ein optimaler Schutzumfang erreicht wird. Ausserdem ist er der Experte für die unerlässliche Patentstrategie. Dank des auch unter Einbezug der Patentanwaltskosten kostengünstigen Verfahrens ist es manchmal vorteilhaft, zunächst in der Schweiz ein Schutzrecht zu beantragen und dann, nach Abklärung der Patentstrategie und der zur Verfügung stehenden Mittel, dieses in andere Länder oder Regionen weiterzuziehen. Nachteilig kann sich erweisen, dass das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) nicht standardmässig eine Recherche auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit durchführt. Diese kann jedoch zusammen mit der Anmeldung für zusätzliche Kosten von nur CHF 500.- beim IGE bestellt und für Anpassungen bei Anmeldungen in anderen Ländern oder Regionen verwendet werden. In der Schweiz können neuerdings nicht nur Anmeldungen in den drei Amtssprachen, sondern auch in Englisch eingereicht werden – eine Option, die vor allem für Firmen im international ausgerichteten Hightech-Bereich interessant sein kann. Das Verfahren bis zur Erteilung eines Patentes dauert im Durchschnitt 3 bis 4 Jahre. Der Anmelder hat jedoch die Möglichkeit, zu einem beliebigen Zeitpunkt nach der Anmeldung mit einer Zusatzgebühr von CHF 200.- eine beschleunigte Prüfung zu erwirken. Somit kann er in wenigen Monaten über ein rechtsgültiges Patent verfügen.

Das war Teil eins unseres Überblicks zum Thema Patentrecht. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Verwertung von Patenten.


Prof. Heinz Müller hat an der ETH Zürich Biochemie studiert und dort auch promoviert. Nach einem mehrjährigen Forschungsaufenthalt in den USA führte er bis 2002 eine Forschungsgruppe an der medizinischen Fakultät der Universität Basel, wo er bis heute als Professor für klinische Biochemie in der Ausbildung tätig ist. Seit 2002 ist er Patentexperte am Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum in Bern.