„Kill the business plan“ – wer keine Investoren überzeugen muss und in unbekannten Gewässern unterwegs ist, kann sich den Businessplan sparen. Viel wichtiger ist dafür ein rascher proof of concept.

Von Marc Görtz, Gründer Allerlei Medien

Gründertagebuch: Marc Görtz, Allerlei Medien

Wir sind mit unseren Projekten meindaumenkino.ch und meinnotizbuch.ch seit September 2009 unterwegs. In dieser Zeit haben wir viel gelernt und ausprobiert – eines haben wir nicht getan: einen Businessplan schreiben.

Mein Eindruck ist, bei eigenfinanzierten Startups mit unerprobten Geschäftsideen bringt ein zu umfangreicher Businessplan ausser Scheinhaftigkeit nichts Handfestes. Businesspläne sind ein Kommunikationsmittel für die Stakeholder eines Projekts, weil es in einem Projekt mit vielen Mitentscheidern die einzige Entscheidungsgrundlage darstellt. Als eigenfinanziertes Unternehmen ohne fremdes Aktionariat kann man diesen Part getrost auslassen oder später nachholen – wenn das Geschäftsmodell etabliert und eine wasserfeste Wachstumsstrategie gefragt ist.

In der Startphase aber ist ein rascher proof of concept viel wichtiger. Wir haben zu Beginn all unsere Energie darauf konzentriert, herauszufinden, ob unsere Idee überhaupt vom Markt angenommen wird. Auch die besten Powerpoint-Präsentationen können da nicht weiterhelfen, es gibt es nur einen Weg: ausprobieren, überprüfen, korrigieren – und zwar unter realen Bedingungen.

In unserem Fall hiess das, die Türen zum Online-Shop so rasch als möglich öffnen, auch wenn der Innenausbau noch nicht fertig ist oder das Sortiment noch nicht definitiv steht. In dieser Phase ist es besonders wichtig, nur das zu machen, wovon man auch wirklich etwas versteht. Den Rest kann man getrost den Spezialisten überlassen.

Beim Daumenkino und Notizbuch-Projekt haben wir uns auf Konzept und Management und – teilweise – das Marketing fokussiert, den Rest, Programmierung, Design, Produktion, Druck, Vertrieb ausgelagert. Zwar konnten wir selber keine Erfahrungen zum Beispiel in der Produktion sammlen, doch unser Ziel war es eben den Proof of Concept zu erlangen.

Hat ein Produkt seine Markttauglichkeit erst bewiesen, bleibt genügend Zeit, Insourcing zu betreiben (sofern dies überhaupt Sinn macht) oder einen Businessplan zu schreiben – früher oder später wird jeder Unternehmer Rechenschaft ablegen müssen, sei es gegenüber Investoren, Banken oder Partnern.

Die Uralt-Erfahrung, dass Aufbauphasen länger dauern, mehr kosten und weniger einbringen als geplant, haben auch wir gemacht. Dass sich neue Geschäftsmodelle vor allem in den ersten Strampelmonaten immer anders entwickeln als vorgesehen, zwingt zur nervenaufreibenden Flexibilität (und bekräftigt die persönliche Abneigung gegen Businesspläne für Startups).

In der Rubrik Startup-Diary schildern Jungunternehmer wöchentlich, mit welchen praktischen Problemen sie in ihrem Gründeralltag konfrontiert werden und welche Lösungsansätze sie gefunden haben.
Der Anfang ist geschafft, der Aufbau noch mitten im Gang und bis zum endgültigen Konzeptbeweis und Businessdurchbruch wird es noch einige Zeit dauern. Das Gefühl aber, aus dem Nichts etwas ordentliches geschaffen zu haben, erfüllt schon mal mit erster Freude und grosser Motivation, den eingeschlagenen Konzeptweg konsequent weiterzugehen.