Geheimhaltungsvereinbarungen bringen unnötigen Aufwand und sind nicht selten sogar kontraproduktiv. Die Mühe sollte man sich in den meisten Fällen sparen.

Non-disclosure agreements sind überschätzt

Mit einem non-disclosure agreement (NDA) können sich Startups gegen Ideenklau absichern – so die Meinung. Das Problem: Geheimhaltungsvereinbarungen (hier ein Muster) klingen auf dem Papier zwar gut, haben aber in der Praxis aber herbe Nachteile.

1. NDAs funktionieren nicht
Eine Geheimhaltungsvereinbarung suggeriert wasserdichten, rechtlichen Schutz. Dabei wird oft der Trade-off zwischen Nutzen und Kosten für gerichtliche Auseinandersetzungen ausser Acht gelassen. Denn: NDAs sind auch in konkreten Verstossfällen schwer durchsetzbar, da einem Startup nicht selten die Ressourcen für einen ausgedehnten Rechtsstreit fehlen: „You simply don’t want to invest the time and the money litigation would require“, meint Dorian Selz in einem Beitrag auf dem Memonic Blog, in dem er generell zum Schluss kommt: NDA = Nix decent agreement.

2. NDAs zerstören Vertrauen
Wer beim ersten Treffen gleich eine Geheimhaltungsvereinbarung zückt, hat gute Chancen, eine Geschäftbeziehung auf dem falschen Fuss zu
beginnen. Mit der Aussage „Dir vertraue ich nicht“, die vom NDA implizit gemacht wird, stösst man seinen zukünftigen Geschäftspartner vor den
Kopf. Da die Unterzeichnung von NDAs auch einen Zusatzaufwand darstellt – der Unterzeichnende muss das Dokument ja vorher rechtlich durchleuchten lassen um genau zu wissen, wozu er sich verpflichtet – sind sie aufgrund der nötigen Bürokratie nicht beliebt. Investor Nicolas Berg sagte an einem Venture Apéro gar, dass ein verlangtes NDA ein potentieller Deal Killer und zu vermeiden sei.

Sven Eppert vom Business-Angel-Netzwerk b-to-v ist da weniger strikt. Aber auch für ihn sind NDA in bestimmten Fällen ein Kontra-Indikator, beispielsweise dann, wenn ein Startup nicht einmal ein executive summary ohne eine solche Vereinbarung rausrücken will. b-to-v bietet aber trotzdem NDAs an, wenn darauf bestanden wird. Um den bürokratischen Aufwand dabei zu verkleinern, haben sie ein standardisiertes Dokument, das auf Anfrage verschickt wird.

3. NDAs kreiieren falsche Wertvorstellungen
Im Gegensatz zu einem Patent, wo das nicht möglich ist, soll ein NDA häufig eine Idee schützen oder ein Geschäftsmodell. Diesen haben aber keinen konkreten Wert an sich, sondern nur einen potentiellen. Oder wie Eoghan McCabe von Contrast zum Thema meint: „Whatever your idea, however smart it is, at least ten people have already had it.“ Es komme vielmehr auf die Umsetzung an.

4. Die Gefahr kopiert zu werden ist überschätzt
Investoren haben eine hohe professionelle Sichtbarkeit. Die Gefahr, seinen Ruf irreparabel zu schädigen wiegt da so schwer, dass ein grosser Anreiz besteht, Vertrauen und Integrität nicht zu gefährden. Zudem sind sie in einem anderen Geschäft und schlicht kein Mitbewerber. Aber auch davon auszugehen, dass andere Unternehmen ihre eigenes Geschäft stehen und liegen lassen könnten um eine andere Geschäftsidee zu kopieren, ist vermessen.
Eine möglicher Fall für eine Ausnahme sind Startups, die sich absichern wollen, weil sie sehr hohe Kosten für geistiges Eigentum in der Bilanz haben und vielleicht kurz vor der Einreichung eines Patents sind, mit dem das Unternehmen steht und fälllt. Das heisst aber nicht, dass man nicht in groben Zügen über eine Technologie sprechen könnte.

5. Sich einmauern ist schädlich
Im Artikel Stealth Startups, Get Over Yourselves ist Viwek Wadhwa der Ansicht, dass Geheimniskrämerei ganz generell schädlich ist. Für ihn ist die Möglichkeit, Feedback und Aufmerksamkeit zu erhalten mehr wert als die oft trügerische Sicherheit, als einziger genau diesen Einfall gehabt zu haben. Gerade Startups, die eine gute Idee für einen Service im Internet haben und an dieser im Stillen werkeln wollen machen einen Fehler, wenn sie vor allem auf Geheimhaltung setzen. Damit opfern sie nämlich die Möglichkeit für einem iterativen Entwicklungsprozess des Diensts anhand von Userfeedback und den Aufbau einer Community. Ausserdem ist der „grosse PR-Moment“ am Schluss nicht so einfach zu kriegen wie man vielleicht denkt, meint Wadhwa auf Techcrunch.

Anders sieht übrigens der Fall bei Banken und Anwälten aus. Hier gehören NDAs hingegen fast schon zum guten Ton, wie Dorian betont. Zudem fällt für sie der Aufwand, eine Vereinbarung aufzusetzen, kaum ins Gewicht – man verschreckt also niemand, wenn man ein NDA möchte.

Bild: Juli Shannon (CC-Lizenz)