Welche Webinhalte schützbar sind und welche nicht erklärt unser Gastautor in dieser Einführung ins Online-Urheberrecht.

Gastbeitrag von Martin Steiger, Rechtsanwalt

Rechtstipps für StartupsFür Jungunternehmen sind Webauftritte ein unverzichtbarer Kommunikationskanal. Welche eigenen Inhalte man dort sicher veröffentlichen kann und welche fremden Inhalte übernommen werden dürfen, ist aber für viele unklar. Darauf bezieht sich auch die aktuelle Leserfrage:

Copyright im Internet: Wie ist dies in der Schweiz geregelt? Bis wohin ist eine Seite schützbar?

Websites bestehen typischerweise aus verschiedenen Inhalten wie Texten und Fotos («Content»), die mit Auszeichnungssprachen wie HTML und Programmiersprachen wie JavaScript strukturiert und dargestellt werden. Die Verwendung solcher Inhalte regelt das Immaterialgüterrecht und dabei insbesondere das Urheberrecht. Das Urheberrecht gilt auch im Internet, urheberrechtliche Lücken bestehen allein aufgrund der Verwendung von Inhalten im Internet nicht.

Urheberrechtlich geschützte Inhalte?

Inhalte auf einer Website sind geschützt, wenn sie

  1. «Werke der Literatur und Kunst» im Sinn des URG darstellen
  2. nicht vom Urheberrechtsschutz ausgeschlossen sind
  3. eine geistige Schöpfung darstellen und
  4. über individuellen Charakter verfügen

Wer ein solches Werk erstellt, gilt als Urheberin oder Urheber und kann über die Verwendung seiner Inhalte selbst bestimmen. Die Grenzen zwischen Inhalten mit und ohne Schutz sind oftmals fliessend, doch sollen nachfolgende Angaben als Anhaltspunkte dienen.

1. Werke der Literatur und Kunst: Geschützt sind nicht nur schöngeistige Werke von anerkannt hoher Qualität, sondern unter anderem auch alle Arten von Texten (Sprachwerke), Musik (akustische Werke), Bilder und Fotos (visuelle oder audiovisuelle Werke) und Computerprogramme. Ebenfalls geschützt sind Titel, Entwürfe und Teile von Werken. Der Schutz besteht unabhängig von Kosten, Preis, Aufwand und Zweck für ein Werk.

2. Kein Urheberrechtsschutz: Nicht geschützte Werke sind unter anderem Ideen – nur deren Umsetzung geniesst Schutz –, Werke mit abgelaufener Schutzfrist – spätestens 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers beziehungsweise des letzten beteiligten Miturhebers –, und amtliche Erlasse wie Gesetze und Verordnungen. Werke unter freien Lizenzen wie beispielsweise jenen von Creative Commons sind urheberrechtlich geschützt, doch erlauben die Urheber die weitgehend freie Verwendung unter bestimmten Voraussetzungen.

3. Geistige Schöpfung: Das Werk muss von einem oder mehreren Menschen geschaffen worden sein, das heisst das Ergebnis einer menschlichen Tätigkeit darstellen. Die Ergebnisse automatischer Prozesse ohne bestimmendes menschliches Gestalten sind nicht geschützt, wobei die Verwendung von Software zur Erstellung urheberrechtlichen Schutz nicht ausschliesst.

4. Individueller Charakter: Das Werk muss über eine gewisse Individualität und Originalität verfügen und sich ausreichend von anderen Werken unterscheiden. Diese Unterscheidung erfolgt insbesondere durch  charakteristische und einzigartige Merkmale erfolgen. Das Werk muss sich im Vergleich mit bereits bestehenden Werken ähnlicher Art deutlich abheben.

Urheberrechtlich geschützte Website?

Websites mit Texten, Bildern und Fotos und sonstigen Inhalten, die obigen Anhaltspunkten entsprechen, sind grundsätzlich urheberrechtlich geschützt. Genauso sind die Strukturierung und Darstellung, die aus der verwendeten Auszeichnungssprache resultieren, geschützt. Schutz geniesst auch der Quelltext der verwendeten Programmiersprachen (Computerprogramme), wie sie heute beim Veröffentlichen von Websites üblicherweise Verwendung finden.

Kein urheberrechtlicher Schutz besteht hingegen für reine Gestaltungs- und Layoutideen einer Website. Geschützt ist lediglich für ihre konkrete Umsetzung als Website möglich, wobei bereits der Entwurf geschützt sein kann.

In der Schweiz ist ein Werk urheberrechtlich geschützt, sobald es geschaffen wurde. Aus diesem Grund ist kein «Copyright»-Hinweis notwendig und es besteht kein Register, in das ein Eintrag erfolgen könnte. Ein Hinweis kann aber angebracht werden, um Besuchern der Website als Hinweis zu dienen sowie in ausländischen Rechtsordnungen allenfalls urheberrechtliche Schutzwirkung zu entfalten (beispielsweise «© Max Muster 2011»).

Wer selbst eine Website mit urheberrechtlich geschützten Inhalten pflegt, kann gegen andere Websites, die diese Inhalte ohne Zustimmung verwenden, rechtlich vorgehen. Umgekehrt kann die eigene Verwendung urheberrechtlich geschützter Inhalte ohne Zustimmung zu rechtlichen Folgen führen – berühmt-berüchtigt sind beispielsweise die «Abmahnungen» von Getty Images. Im Zweifelsfall ist im eigenen Interesse davon auszugehen, dass Inhalte auf Websites urheberrechtlich geschützt sind und deshalb die Verwendung nur mit Zustimmung des Urhebers möglich ist.

Lesetipp: Allgemeine Informationen zum Urheberrecht in der Schweiz finden sich auf der Website des Institutes für Geistiges Eigentum (IGE), unter anderem in Form der PDF-Broschüre «Urheberrecht und verwandte Schutzrechte».
Die relevanten gesetzlichen Bestimmungen zum Urheberrecht finden sich im Urheberrechtsgesetz (URG) und in der Urheberrechtsverordnung (URV). Dazu kommen internationale Abkommen wie beispielsweise jene der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) und für das Internet vor allem der WIPO-Urheberrechtsvertrag.

Handfeste rechtliche Tipps vom Profi zu einem Startup-Thema gibt es regelmässig in der Rubrik «Recht für Startups». Wer eine Frage als Themenvorschlag für unseren Gastautor unterbringen möchte, tut dies am besten via die Tippsbox.

Zum Autor: Martin Steiger studierte an der Universität St.Gallen (HSG) und ist langjähriger Anwalt für Recht im digitalen Raum. Die Schwerpunkte seiner Anwaltskanzlei in Zürich liegen im IT-, Immaterialgüter- und Medienrecht. In seiner Freizeit engagiert er sich unter anderem bei der Digitalen Gesellschaft und bei TEDxZurich.

Im Zweifelsfall, bei Unklarheiten und für Abklärungen im Einzelnen empfiehlt sich die Beratung durch eine Fachperson wie beispielsweise einen Rechtsanwalt.