Wir erleben eine Industrialisierung der Startupszene. Company Building heisst das Zauberwort: immer mehr Startups kommen aus spezialisierten Startup-Schmieden. Verstecktes Vorbild ist Hollywood.

Auch auf Startwerk sprechen wir oft von Inkubatoren. Der Begriff ist aber nicht trennscharf und wirft verschiedene Modelle in einen Topf. Im Kommen ist derzeit eine radikalere Variante der Inkubation. Hier werden Startups nicht gefördert, sondern gebaut: Stück für Stück, mit methodischer Genauigkeit, wie ein Uhrwerk.

Wenn Techcrunch von Company Builders spricht, sind diese gemeint. Company Builders bauen und finanzieren Startups, und sind dabei viel stärker involviert als Business Angels oder VCs. Im Tausch gegen eine Beteiligung gibt es hier ein ganzes Paket: Sie finanzieren, involvieren sich im Tagesgeschäft ihrer Startups, gestalten Strategie und Vermarktung mit, stellen Personal, Kontakte, Buchhalter, Designer, Anwälte. Company Builder wollen nichts dem Zufall überlassen. Ihre Startups sind entweder in einer frühen Phase akquiriert oder Eigenentwicklungen, mit gecasteten Teams bestückt – nach dem Modell «Entrepreneur in Residence».

Wandel der Startupszene 

Manche Company Builder sitzen als Mitgründer im Boot, manche ergänzen das Modell um reine Finanzierung. Wie auch immer die genaue Formel: Das Company Building ist das Gegenmodell zum klassischen Finanzierungsansatz «pay and pray», also der Idee, mit einem Portfolio schon irgendwie Geld zu verdienen, solange man seine Investments genügend breit streut.

Das Wort vom Company Builder ist keine graue Theorie: Internet-Unternehmer und Investor Martin Saidler hängt sich explizit dieses Schild um und versteht es als Mission Statement. Hier löst die Maschine das Gründergenie ab, Industrialisierung und Professionalisierung das Garagenflair:

What if we could create the perfect machine? A machine that creates new successful ventures in an industrial manner. A machine that controls the whole value chain, from the idea to the exit, minimizing most of the common startup risks and maximizing the chance of success. (…) It is Centralway, the Company Builder.

Startups zu coachen und ihnen das Organisieren abzunehmen, ist nichts neues. Unter dem Sammelbegriff Inkubator praktizieren Gründerparks und Startupzentren schon länger Varianten davon. Neu ist, dass Investoren vermehrt eine komplette Integration anzielen, vom Entwurf am Reissbrett über die Finanzierung bis zum Exit.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Die Motivation liegt auf der Hand. Investoren mögen bei ihren Ventures Risikominimierung und Schnelligkeit. Company Builders nehmen das gleich selbst in die Hand. Zum einen zählt die «Time-to-Market», also die Zeit, bis erste Cashflows eingehen und bei der man allfällige Konkurrenten abhängen möchte. Je kürzer die Time-to-Market, desto weniger Geld frisst die Entwicklung eines Produkts. Schnelligkeit zählt ebenso nach dem Credo «fail fast»: Je rascher sich zeigt, dass eine Idee den Kontakt mit der Realität nicht überlebt, desto eher kann nachgebessert oder – im Extremfall – abgeschrieben werden. Das hilft, Risiken zu minimieren. Schlüssel dafür ist Nähe. Der Company Builder finanziert keine Black Box, sondern ist nahe am Geschehen. Er bestimmt die Strategie und behält sich sogar vor, Personalentscheide zu treffen.

Dieses professionalisierte Bauen von Startups findet eine Entsprechung, wo man sie am wenigsten erwartet: Mehrfachgründer und Startup-Investor Nova Spivack greift für einen Vergleich nach Hollywood. Company Builder kreieren Startups, wie Filmstudios Filme herstellen. «Venture Production» ist für Spivack der Begriff der Wahl. Er sieht den Company Builder als Produzenten, der die richtigen Leute zusammenbringt, finanziert und Hindernisse aus dem Weg räumt. Er bringt den Film schliesslich auf die Leinwand und das Startup zum Exit; und kontrolliert jeden Zwischenschritt. Auch eine der bekanntesten VC-Firmen der USA fühlt sich der Filmindustrie verwandt: Andreessen Horowitz, die bisher Investments von über 2,7 Milliarden Dollar eingesammelt hat. Partner und Netscape-Mitgründer Marc Andreessen sieht sein Unternehmen in der Tradition der Creative Artists Agency, eine der grössten Talentagenturen Hollywoods. Andreessen Horowitz beschäftigt 45 Angestellte, die sich in den Bereichen Recruiting, Marktentwicklung, Marketing und Corporate Development um Portfoliostartups kümmern, wie der Trainerstab eines Profifussballclubs.

Was der Trend für die Szene heisst

Die Gründe für den Trend sind klar. Ob Company Builders langfristig die erfolgreicheren Gründerteams ins Rennen schicken, muss sich zwar noch zeigen. Aber alles deutet darauf hin, dass es keinen Weg zurück, weg von der Professionalisierung der Startupszene geben wird. Startups mit Bootstrapping-Ansatz und Gründer, die die Kontrolle über ihr Startup behalten möchten, werden die Trendwende besonders spüren.

(Bild: anroir auf flickr.com, CC BY NC)