Was AGB leisten und wann sie für Webstartups und Seitenbetreiber von Vorteil sind, erklärt unser Gastautor.

Gastbeitrag von Martin Steiger, Rechtsanwalt

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Was AGB leisten – Rechtsanwalt Martin Steiger

«Wir sind ein kleines Webstartup, brauchen wir AGB und falls ja, was muss darin erwähnt werden?»

Die kurze Antwort: Grundsätzlich benötigt ein Webstartup keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Aber für die meisten Startups sind eigene AGB aus rechtlicher Sicht empfehlenswert.

AGB – manchmal auch AGBs – sind einseitig vorformulierte Vertragsbestimmungen, die beim Abschluss einer Vielzahl gleichartiger Verträge zur Anwendung gelangen – beispielsweise zwischen einem Webstartup, das einen Onlinedienst anbietet, und seinen Nutzern. Jeder Nutzer, der sich für einen solchen Onlinedienst anmeldet, schliesst mit dem Startup einen Vertrag ab. In diesem Beispiel eines Massengeschäfts wäre es wirtschaftlich sehr aufwendig, mit jedem einzelnen Benutzer einen individuell ausgehandelten Vertrag abzuschliessen. Nutzer müssen deshalb die AGB akzeptieren oder draussen bleiben.

Nicht notwendig, aber vorteilhaft 

Aus rechtlicher Sicht sind AGB nicht notwendig. Ohne AGB oder individuell ausgehandelte Verträge gelten die bestehenden gesetzlichen Regelungen und die meisten Verträge können formlos abgeschlossen werden. Allerdings beantworten die gesetzlichen Regelungen viele Rechtsfragen nicht mit der gewünschten Klarheit oder können sich für ein Webstartup sogar nachteilig auswirken. Mit AGB ist eine effiziente und einheitliche Abwicklung einer Vielzahl gleichartiger Verträge möglich. Die AGB können auf die spezifischen Bedürfnisse eines Startups zugeschnitten werden. Ausserdem müssen AGB nur einmal ausgearbeitet werden, so dass es sich für ein Webstartup lohnt, dafür gezielt Geld und Zeit aufzuwenden. Weiter bringen AGB einem Startup den Vorteil, dass damit Risiken abgewälzt werden können. Normalerweise sind deshalb eigene AGB für ein Webstartup empfehlenswert.

Häufige Bestimmungen in AGB

Was wird mit AGB geregelt? In AGB finden sich häufig folgenden Arten von Bestimmungen:

  • Bestimmungen zum Ausschluss jeglicher Haftung oder zumindest zu einer Beschränkung der Haftung. Damit können die Haftungsrisiken von Gründern im gesetzlich zulässigen Rahmen erheblich reduziert werden.
  • Bestimmungen, wonach Anbieter den Umfang ihrer Leistungen jederzeit einseitig anpassen können oder die Nutzer grundsätzlich gar keinen Anspruch auf solche Leistungen haben. Gleichzeitig dürften Benutzer beispielsweise einen kostenpflichtigen Onlinedienst nur gegen Vorauszahlung nutzen, müssen umfangreiche Nutzungsbeschränkungen befolgen und können jederzeit gekündigt werden. Ein Webstartup kann die eigenen Leistungen damit jederzeit an veränderte Umstände – Erfolg, Misserfolg oder eine neue Ausrichtung – anpassen.
  • Bestimmungen im Zusammenhang mit Inhalten von Benutzern und dem Einräumen von Rechten an diesen Inhalten wie beispielsweise benötigte Urheberrechte an Bildern. Das Beispiel Instagram zeigt allerdings, dass Benutzer bisweilen mit Verärgerung auf solche Bestimmungen reagieren.
  • Bestimmungen zur Rechtswahl und zum Gerichtsstand – für ein Webstartup aus der Schweiz mit Vorteil Schweizer Recht und am eigenen Sitz, denn rechtliche Auseinandersetzungen im Ausland und nach ausländischen Rechtsordnungen sind aufwändig. Festgelegt werden können auch aussergerichtliche Varianten der Streitbeilegung wie beispielsweise eine Mediation oder ein Schiedsverfahren.

In jedem Fall sollten AGB auf die spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten werden. Das Geschäftsmodell eines Webstartups und dessen Umsetzung müssen ausserdem den AGB entsprechen.

Gültigkeit von AGB

AGB sind nur gültig, wenn sie auch tatsächlich für einen einzelnen Vertrag übernommen werden. Dazu müssen bei einem Onlinedienst die Benutzer vor Vertragsabschluss auf die AGB hingewiesen werden und die Möglichkeit erhalten, diese zu lesen, herunterzuladen und auszudrucken.

Da bei AGB die Vertragsparteien nicht gleichberechtigt einen individuellen Vertrag aushandeln, gelten gesetzliche Schranken. Zwingendes Recht geht AGB vor und AGB dürfen nicht missbräuchlich sein. Die Ungewöhnlichkeitsregel besagt, dass bei AGB, die durch Benutzer nicht gelesen (oder verstanden) wurden, ungewöhnliche Bestimmungen nicht gelten. Bei Widersprüchen in AGB gilt gemäss der Unklarheitenregel ausserdem das für den Nutzer günstigere Auslegungsergebnis.

In der Praxis sind die Massstäbe für die Inhaltskontrolle von AGB in der Schweiz allerdings sehr grosszügig. Aus diesem Grund lohnt es sich in vielen Fällen, AGB mit Bestimmungen zu versehen, die rechtlich gesehen allenfalls nicht gültig sind. Bei jenen wenigen Benutzern, die sich dagegen zur Wehr setzen, kann im Einzelfall Kulanz gezeigt werden, während die AGB gegenüber allen anderen Benutzern weiterhin unverändert gelten.

Empfehlung: Möglichkeit für eigene AGB in jedem Fall prüfen

Für ein Webstartup ist die Verwendung von eigenen AGB in jedem Fall zu prüfen und normalerweise empfehlenswert. Es lohnt sich, Geld und Zeit für die Ausarbeitung von AGB aufzuwenden, die auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Man kann sich dabei auch an den AGB anderer Webstartups orientieren, sollte aber vermeiden, deren Schwächen zu übernehmen oder gar andere AGB abzuschreiben. Eine weitere Möglichkeit sind Anbieter von entsprechenden Vorlagen, deren Qualität und damit Brauchbarkeit aber sehr unterschiedlich ausfällt.

Umgekehrt unterliegen Webstartups vielfach selbst den AGB anderer Anbieter wie beispielsweise Hostern oder Zahlungsdienstleistern. Solche AGB können grundsätzlich nicht angepasst werden, doch bewahrt sorgfältiges Lesen solcher AGB immerhin vor unangenehmen Überraschungen zu einem späteren Zeitpunkt.

Handfeste rechtliche Tipps vom Profi zu einem Startup-Thema gibt es regelmässig in der Rubrik «Recht für Startups». Wer eine Frage als Themenvorschlag für unseren Gastautor unterbringen möchte, tut dies am besten via die Tippsbox. Zum Autor: Martin Steiger studierte an der Universität St.Gallen (HSG) und ist langjähriger Anwalt für Recht im digitalen Raum. Die Schwerpunkte seiner Anwaltskanzlei in Zürich liegen im IT-, Immaterialgüter- und Medienrecht. In seiner Freizeit engagiert er sich unter anderem bei der Digitalen Gesellschaft und bei TEDxZurich.

Im Zweifelsfall, bei Unklarheiten und für Abklärungen im Einzelnen empfiehlt sich die Beratung durch eine Fachperson wie beispielsweise einen Rechtsanwalt.