startup-erfahrung2.pngEs gibt viele Gründungswillige, die auf der Suche nach einem Geschäftsmodell sind. Aber wie findet man ein passendes Thema und die richtige Idee?

Gastbeitrag von Alexander Mahr, Mitgründer MountainDayz

376588066_ae1f1f8363Da ich selbst einen ähnlichen Background habe, kenne ich einige Gründer, die vorher einer eher analytischen Tätigkeit nachgegangen sind, zum Beispiel Banking oder Unternehmensberatung.

Ganz natürlich bietet sich da eine analytische Herangehensweise an – über einen strukturierten Prozess – viele nähern sich der Ideensuche so. Hier einmal exemplarisch: 

  1. Eine «Long-list» erstellen aus allen möglichen Quellen, zum Beispiel entlang der Fragen: Was sind heisse Themen in der Startup-Welt? Welche Themen bekommen große Seed-/Series A-Runden in den USA? Welche Themen stecken in den Top-Accelerator-Programmen in den USA?
  2. Eine «Short-list» an Themen herausfiltern nach einigen entscheidenden Kriterien. Dafür bieten sich etwa Marktgrösse, geschätzter Anteil am jüngst verteilten Risikokapital (=Finanzierungswahrscheinlichkeit) , mögliche EBITDA-Marge, Wettbewerbssituation, Exit-Potential oder andere an.
  3. Dann kann man die verbleibenden Themen nochmals verifizieren, etwa indem man mit Mitgründern oder Business Angels diskutiert – wahrscheinlich bleiben ein bis zwei Themen übrig, die man angehen kann.
  4. Entweder gibt es solch ein Modell schon anderswo (ziemlich wahrscheinlich durch Schritt eins) oder man kann noch die Nachfrage verifizieren, zum Beispiel mit einer Landing Page und einer AdWords-Kampagne.

In der Rubrik Startup-Diary schildern Jungunternehmer regelmässig, mit welchen praktischen Problemen sie in ihrem Gründeralltag konfrontiert werden und welche Lösungsansätze sie gefunden haben.
Gegen dieses Vorgehen ist grundsätzlich nichts einzuwenden und es ist wahrscheinlich zielführender als einfach irgendetwas zu gründen. Ich selbst habe natürlich auch schon einmal eine solche Liste erstellt – damals deutete alles darauf hin, dass Subscription Commerce ein attraktives Thema wäre (Subscription Commerce funktioniert nach dem Muster «irgendwas-monatlich-in-einer-Box»). Wie man sieht, habe ich mich heute anderweitig entschieden.

Schlüsselfrage: Motivation?

Ich bin der Meinung, dass man in so einer analytischen Herangehensweise einen wesentlichen Faktor vernachlässigt: die Begeisterung der Gründer für ein Thema. Und zwar aus zwei Gründen:

  1. Das Team und die authentische Umsetzung eines Themas – für einen Investor ist das kein unwesentlicher Faktor. Schliesslich muss man sich die Frage gefallen lassen: «Warum seid gerade Ihr das richtige Team?» Ein monatliches Abo für Damenschuhe oder Babysachen sind sicherlich keine Themen, zu denen ich eine authentische Geschichte zu erzählen habe.
  2. Die Ups and Downs eines Startups: ein Jungunternehmen zu lancieren ist eine spannende und wertvolle Erfahrung. Egal, ob es zuletzt klappt oder nicht. Erfolge, wie einen wichtigen Kunden zu gewinnen, fühlen sich gut an, aber Misserfolge schmerzen um ein Vielfaches mehr als zum Beispiel ein zeitlich verzögertes Projekt in einem normalen Job. Es braucht gehörige Motivation, um ein Startup durchzuboxen – Mitstreiter und Investoren gehen ein grosses Risiko ein, Märkte verändern sich nicht über Nacht. Man muss andere überzeugen, neues Terrain zu beschreiten, neue Lösungen zu testen. Das ist schwierig, wenn man zu seinem Thema keinen Bezug hat.

Meines Erachtens sind die Fragen «In welchen Industrien oder mit welchen Themen kennen wir uns gut aus? Welche Probleme gilt es dort zu lösen? Welche Geschäftsmodelle könnten hier funktionieren?» ein guter erster Filter, um ein Thema zu identifizieren. Die analytische Herleitung, warum es auch ein interessanter Business Case ist, um darin Zeit und Geld zu investieren, ist natürlich nach wie vor ein sinnvoller Schritt – als Ergänzung.

Alexander Mahr ist Mitgründer und Geschäftsführer des Deutsch-/Schweizerischen Startups MountainDayz. Zuvor hat er in M&A-, Business Development- und Strategie-Positionen für PubliGroupe und Swisscom gearbeitet.

(Artikelbild: xurble auf flickr.com, CC BY)