Question Time: Regelmässig stellt sich ein Startupper unserer Fragerunde. Diesmal der Miterfinder eines Flugdrachens, der Strom erzeugt.

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Strom aus der Drachenschnur: Rolf Luchsinger

Was ist die Idee hinter Twingtec?
TwingTec revolutioniert die Windenergiebranche. Mit Hilfe von neuartigen Fluggeräten, die wie Drachen an einer Schnur befestigt sind, wird die mechanische Energie des Windes nutzbar gemacht und am Boden mit einem Generator in elektrische Energie umgewandelt.

Wie kam das Ganze ins Rollen?
Wir haben an der Empa ultraleichte Tragstrukturen erforscht und entwickelt. Vor ein paar Jahren haben wir damit einen neuartigen Drachen gebaut, was super funktioniert hat. Corey Houle von der Fachhochschule Nordwestschweiz hat darüber einen Beitrag im Fernsehen gesehen und mich kontaktiert. Wir hatten den Flügel, er hatte das Knowhow für die Bodenstation. So haben wir uns zusammengetan und das Ganze ins Rollen gebracht.

Im Moment seid ihr noch mit Grundlagenforschung beschäftigt, gründet aber bereits euer Startup. Ihr seid also sicher, dass eure Idee sich zu einem Business entwickeln lässt?
Die grundlegenden Aspekte der Technologie konnten wir mit dem Swisskitepower Projekt, das wir diesen Frühling abgeschlossen haben, beantworten. Jetzt sind wir an der Entwicklung eines Demonstrators. Wir sind überzeugt, dass die Zeit ideal ist für neue Ideen und Impulse im Energiesektor und dass der Markt für nachhaltig produzierte Elektrizität in naher Zukunft stark wachsen wird.

Hat der Twing Vorteile gegenüber Windturbinen?
Twingpower kann die Windenergie in grösserer Höhe nutzbar machen, wo stärkerer und konstanterer Wind bläst. Da Twingpower keinen Turm und keine Fundamente braucht, kann mehr als 90 % des Materials einer Windturbine eingespart werden. Der Transport und Aufbau der Anlage geht viel rascher und einfacher. Neue Standorte für die Windenergie am Land wie auch auf dem Wasser können mit Twingpower erschlossen werden und die optische und akustische Beeinträchtigung der Umgebung ist wesentlich geringer als bei einer Windturbine. Insgesamt bedeutet Twingpower wesentlich geringere Stromgestehungskosten und mehr Flexibilität als bei Windturbinen.

Was sind Knackpunkte, die ihr noch lösen müsst?
Die Steuerung des Twings müssen wir noch vollständig automatisieren. Für die einzelnen Komponenten haben wir schon Lösungen, nun müssen wir das Ganze noch zusammenführen. Und natürlich müssen wir das System dann auch noch hochskalieren.

Wo wird der Twing voraussichtlich zum Einsatz kommen und wer sind die Abnehmer?
Es gibt drei Voraussetzungen für Twingpower: Bedarf an Elektrizität, Wind und Platz. In der Schweiz gibt es zum Beispiel im Jura viele gute Standorte für Twingpower. Aber natürlich denken wir global. In Ländern wie Brasilien, die jetzt die Windenergie entdecken aber zum Teil nicht so gut erschlossen sind, ist Twingpower eine sehr interessante Option.

Wann hofft ihr, am Markt zu sein?
Das erste Twingpower System wird in drei Jahren auf dem Markt sein.

Du bist Empa-Forscher und Physiker, interessiert dich der geschäftliche Teil eines Startups genauso sehr wie der Ingenieur-Part?
Bei einem Technologie-Startup sind immer geschäftliche Aspekte, technische Aspekte und menschliche Aspekte aufs Engste miteinander verknüpft. Das ist extrem spannend und für mich viel herausfordernder als ein rein physikalisches Problem zu lösen.

Welches Startup sollen wir als nächstes in dieser Rubrik bringen?
Skybotix.

Kurze Fragen, kurze Antworten: Einmal pro Woche horchen wir in dieser Fragerunde einen Startup-Gründer aus. Das Format funktioniert wie eine Staffette; der jeweilige Interviewpartner sucht den nächsten aus.