Wozu ist eine formelle Gründung gut und was sind die Vor- und Nachteile der einzelnen Rechtsformen? Unser Gastautor gibt im aktuellen Rechtstipp einen Überblick.

Gastbeitrag von Martin Steiger, Rechtsanwalt

Martin Steigers RechtstippDie aktuelle Leserfrage dreht sich um die erste Entscheidung, die ein angehendes Startup treffen muss – nämlich mit welcher Rechtsform man gründet:

«Wann eine GmbH oder AG gründen und wieso: Wieso muss ich überhaupt als Web-Startup eine Firma gründen, wenn ich ohnehin für die ersten paar Monate oder Jahre keinen Gewinn machen werde?»

Für die Gründung eines Unternehmens ist es in der Schweiz aus rechtlicher Sicht nicht notwendig, von Anfang an die Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zu wählen. Auch ohne formelle Gründung kann man als Unternehmer geschäftlich tätig sein. Die entscheidende Frage für Jungunternehmer lautet aber:

Können sich die Gründer leisten, mit ihrem gesamten Privatvermögen für etwaige Forderungen gegen ihr Unternehmen zu haften oder möchten sie ihr Risiko als Unternehmer beschränken?

In Gründungssituationen besteht normalerweise der Wunsch nach einer Beschränkung der persönlichen Haftung der Gründer. Es ist deshalb für Startup-Unternehmer sinnvoll, von Anfang an eine Kapitalgesellschaft wie eine AG oder GmbH zu gründen, sofern das notwendige Mindestkapital aufgebracht werden kann. Startup-Unternehmen, die mit einer anderen Rechtsform gegründet wurden, beispielsweise als Einzelunternehmen, Einfache Gesellschaften oder Personengesellschaften, können zu einem späteren Zeitpunkt vergleichsweise einfach in Kapitalgesellschaften umgewandelt werden.

Kriterien für die Wahl der geeigneten Rechtsform:

  • Haftung und Risiko: Kapitalgesellschaften als Rechtsform ermöglichen, Haftung und Risiko der Gründer zu beschränken. Eine GmbH beispielsweise haftet unbeschränkt, aber ihre Gesellschafter sind nur in Höhe ihres jeweiligen Stammanteiles haftbar. Je höher das finanzielle Risiko eines Startup-Unternehmens ausfällt, desto eher empfiehlt sich eine Rechtsform mit Haftungsbeschränkung.
  • Handlungsspielraum und Zusammenarbeit: Je nach Rechtsform ergibt sich ein anderer Handlungsspielraum und es bestehen unterschiedliche Regeln für die Zusammenarbeit der Gründer im Startup-Unternehmen. Bei der AG beispielsweise ist es möglich, Beteiligungen an Gründer zu vergeben ohne direkte Mitsprache im Unternehmensalltag. Sind die Verhältnisse in einem Startup-Unternehmen nicht mehr leicht überblickbar, lohnt sich die Wahl einer Rechtsform mit entsprechenden organisatorischen Regeln.
  • Kapital: Das vorgeschriebene Mindestkapital und die Gründungskosten unterscheiden sich je nach Rechtsform. Bei der GmbH beispielsweise beträgt das Mindestkapital 20’000 Franken und muss vollständig einbezahlt werden, bei der AG beträgt es CHF 100’000 Franken, wovon mindestens 20 Prozent beziehungsweise 50’000 Franken bei der Gründung und der Rest später einbezahlt werden müssen. Bei AG und GmbH kann das Kapital ganz oder teilweise in Sachwerten eingebracht werden. Ist das notwendige Kapital vorhanden, ist auch bei einfachen Verhältnissen die Rechtsform einer AG oder GmbH in den meisten Fällen sinnvoll.
  • Steuern: Die Steuerbelastung unterscheidet sich je nach Rechtsform in Abhängigkeit davon, ob Erträge und Vermögen von Unternehmen und Eigentümern gemeinsam oder getrennt besteuert werden. Gewinne werden bei Kapitalgesellschaften üblicherweise weniger hoch besteuert als bei Personengesellschaften oder Einzelunternehmen. Sparmöglichkeiten gibt es ausserdem durch eine geeignete Standortwahl. Für die rechtssichere Planung der Steuerbelastung lohnt sich die Beratung durch eine Fachperson.
  • Vorsorge: Die Versicherung gegen Risiken wie Krankheit, Unfall und Erwerbsausfall sowie die Altersvorsorge hängt davon ab, ob Startup-Unternehmer selbständig arbeiten oder bei ihrem Unternehmen angestellt sind. Bei einer GmbH oder AG beispielsweise sind die Geschäftsführer als Angestellte versichert, während Selbständigerwerbende obligatorisch nur via AHV/IV gegen Invalidität und Alter versichert sind. Zur zweckmässigen Ausgestaltung der Vorsorge für Gründer ist die Beratung durch eine unabhängige Fachperson empfehlenswert; häufig bieten Branchenverbände Beratungs- und Versicherungsdienstleistungen an oder arbeiten mit empfehlenswerten Partnern zusammen.

Nicht empfehlenswert: Einzelunternehmen und Einfache Gesellschaft

Viele Startup-Unternehmen bestehen ohne Absicht als Einzelunternehmen («Einzelfirma») bei einem einzelnen Gründer und als Einfache Gesellschaft bei mehreren Gründern. Beide Rechtsformen entstehen formlos und benötigen kein Mindestkapital – das Ausüben einer kaufmännischen Tätigkeit durch eine natürliche Person beim Einzelunternehmen, beziehungsweise das Verfolgen des gleichen Zweckes durch mehrere Personen bei der Einfachen Gesellschaft genügen. Bei beiden Rechtsformen haften die Startup-Unternehmer aber persönlich und unbeschränkt, bei der Einfachen Gesellschaft zusätzlich auch solidarisch, das heisst untereinander: Jeder Beteiligte an einer Einfachen Gesellschaft haftet für Verbindlichkeiten, die andere Beteiligte für die Einfache Gesellschaft eingegangen sind. Für die meisten Gründer von Startup-Unternehmen dürften diese Nachteile bezüglich Haftung und Risiko zu gross sein, denn bei einem Scheitern als Unternehmer ist die gesamte private Existenz bedroht.

Empfehlung: Gründung von Startup-Unternehmen als Kapitalgesellschaft

Die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, in der Schweiz insbesondere AG und GmbH, ermöglicht den Gründern von Startup-Unternehmen, ihre Haftung und ihr Risiko zu beschränken – gerade auch während Gründungs- und Aufbauphasen ohne wesentliche Erträge. Die Gründung einer solchen Kapitalgesellschaft ist deshalb für alle Gründer empfehlenswert, die das dafür notwendige Mindestkapital aufbringen können, auch bei Einpersonen-Unternehmen. Bei mehreren Gründern ist es daneben wichtig, Handlungsspielraum und Zusammenarbeit im Startup-Unternehmen zu regeln, beispielsweise mit einem Aktionärsbindungsvertrag bei einer AG.

Handfeste rechtliche Tipps vom Profi zu einem Startup-Thema gibt es regelmässig in der Rubrik «Recht für Startups». Wer eine Frage als Themenvorschlag für unseren Gastautor unterbringen möchte, tut dies am besten via die Tippsbox.

Zum Autor: Martin Steiger schloss ein Rechtsstudium an der Universität St.Gallen (HSG) ab. Er ist als Rechtsanwalt in Zürich mit Schwerpunkten im Arbeitsrecht, im IT- und Immaterialgüterrecht und im Luftrecht tätig. In seiner Freizeit hilft er unter anderem als OK-Mitglied bei der Organisation von TEDxZurich.

Im Zweifelsfall, bei Unklarheiten und für Abklärungen im Einzelnen empfiehlt sich die Beratung durch eine Fachperson wie beispielsweise einen Rechtsanwalt.