Unter welchen Bedingungen eignet sich die Rechtsform Verein für (gemeinnützige) Startups? Unser Gastautor klärt auf über mögliche juristische Stolpersteine.

Gastbeitrag von Martin Steiger, Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Martin SteigerUnsere aktuelle Leserfrage dreht sich um Vereine als Rechtsform: Sind sie ein Ersatz für die gewerblichen Gesellschaftsformen? Ist ein Verein gar als Zwischenlösung denkbar für die ertragsfreie Anfangszeit eines Startups?

Wann ist es angebracht, für ein neues Projekt die Rechtsform eines profitorientierten Vereins zu wählen anstelle einer GmbH?

Das ist nicht angebracht, denn die Rechtsform eines Vereins nach Schweizer Recht (Art. 60 ff. ZGB) ist dazu nicht geeignet. Der Grund ist, dass Vereine keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgen dürfen. Ein Verein dient der Verfolgung nichtwirtschaftlicher, ideeller Zwecke und darf seinen Mitgliedern keine wirtschaftlichen Vorteile verschaffen. Bei Startups besteht aber üblicherweise ein wirtschaftlicher Zweck zugunsten der Gründer.

Der Verein ist in der Schweiz die gängige Rechtsform für Organisationen, die keinen Gewinn anstreben (Nonprofit-Organisationen). In Vereinen schliessen sich Personen aufgrund gemeinsamer Ideen, Überzeugungen und Ziele zusammen. Personenverbindungen hingegen, die einen wirtschaftlichen Zweck anstreben, müssen eine obligationenrechtliche Gesellschaftsform (Art. 530 ff. OR) wählen.

Aus diesem Grund ist es nicht möglich, ein Startup mit dem Argument «Wir verdienen ja momentan nichts» als Verein zu gründen, um es dann später in eine Aktiengesellschaft (AG) oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umzuwandeln. Vereine, die schon im Gründungsstadium einen unerlaubten wirtschaftlichen Zweck anstreben, können nicht rechtsgültig gegründet werden. Vereinen, die zu einem späteren Zeitpunkt einen unerlaubten Zweck verfolgen oder eine unerlaubte Zweckmischung betreiben, droht die Auflösung.

Knackpunkt «wirtschaftlicher Zweck»

Ein wirtschaftlicher Zweck liegt dann vor, wenn den Mitgliedern durch die Vereinstätigkeit ein wirtschaftlicher, geldwerter Vorteil verschafft werden soll, zum Beispiel durch das Zahlen von Löhnen. Wichtig dabei: Entscheidend sind nicht die Statuten und sonstigen Regelungen im Verein, sondern die tatsächliche Vereinstätigkeit.

Keine unerlaubte Zweckerfolgung besteht, wenn es um die wirtschaftlichen Interessen von Dritten geht. So wäre es beispielsweise möglich, einen Verein zur wirtschaftlichen Unterstützung von Unternehmensgründern ins Leben zu rufen. Es wäre aber nicht möglich, einen Verein zwecks eigener Unternehmensgründung zu errichten.

Im Bezug auf seine Mittel darf ein Verein durchaus wirtschaftlich tätig sein, sofern er damit keinen wirtschaftlichen Zweck verfolgt. Er darf ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreiben und kann sich ins Handelsregister eintragen lassen. Auch erlaubt ist ein wirtschaftlicher Nebenzweck, insbesondere wenn sich ideeler Hauptzweck und wirtschaftlicher Nebenzweck ergänzen. So könnte ein Verein beispielsweise zur Mittelbeschaffung für den ideellen Hauptzweck einen Restaurantsbetrieb führen und dort seinen Mitgliedern einen Rabatt auf Getränke und Speisen gewähren.

Wer tatsächlich einen Verein und nicht ein Unternehmen gründen möchte, findet auf der «Vitamin B»-Website der Migros viele hilfreiche Informationen. Empfehlenswerte Literatur für Laien sind der «Beobachter»-Ratgeber «Unser Verein» und die Fragensammlung «Wie gründe und leite ich einen Verein?».

Handfeste rechtliche Tipps vom Profi zu einem Startup-Thema gibt es regelmässig in der Rubrik «Recht für Startups». Wer eine Frage als Themenvorschlag für unseren Gastautor unterbringen möchte, tut dies am besten via die Tippsbox. Zum Autor: Martin Steiger studierte an der Universität St.Gallen (HSG) und ist langjähriger Anwalt für Recht im digitalen Raum. Die Schwerpunkte seiner Anwaltskanzlei in Zürich liegen im IT-, Immaterialgüter- und Medienrecht. In seiner Freizeit engagiert er sich unter anderem bei der Digitalen Gesellschaft und bei TEDxZurich.

Im Zweifelsfall, bei Unklarheiten und für Abklärungen im Einzelnen empfiehlt sich die Beratung durch eine Fachperson wie beispielsweise einen Rechtsanwalt.