Gute Zeiten sind schlecht fürs Geschäft. Wer dagegen in der Krise gründet, hat einen Vorteil: Er lernt, mit schlanken Strukturen und knappen Budgets zu arbeiten. Das hilft auch nach der Startphase.

Mit dieser Folie startete eine Präsentation der VC-Firma Sequoia Capital im Oktober 2008 (anklicken für grösseres Bild)Bis in den letzten Herbst wimmelte es in den Wirtschaftsmagazinen von Heldengeschichten. Gründer, entweder selbstbewusst im Casual-Always-Look unterwegs oder im viel zu grossen Anzug auf seriös getrimmt, wurden beklatscht, bejubelt und mit Auszeichnungen überschüttet. Sie hatten zwar eine gute Idee, waren schon «Young Business Leader» des Jahres, hatten aber noch keinen Rappen Gewinn gemacht. Vorschusslorbeer rächt sich manchmal fürchterlich.

Gute Zeiten sind schlechte Zeiten

«In the long run we are all dead». Die Einsicht von John Maynard Keynes über die Irrelevanz eines allzu langen Atems bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten gilt bei vielen Startups nicht. Die meisten sind schon nach kurzer Zeit mausetot. In den USA gelten 90 Prozent des von Risikokapitalisten investierten Kapitals als verloren, verbrannt und versenkt. Mittlerweile gibt es mit younoodle.com ein Startup, das eine Software entwickelt hat, mit der Investoren die Erfolgsaussichten ihres Engagements vorhersagen können.

Auch in der Schweiz ist die Überlebensquote der Gründungen bescheiden. Eine Fifty-Fifty-Chance, um die ersten zwei oder drei Jahre zu überstehen, ist schon wohlwollend gerechnet. Und die Prognosen sind wahrscheinlich noch schlechter, wenn die Wirtschaft boomt. Gute Zeiten sind langfristig schlechte Zeiten für ein Unternehmen. Es setzt Fett an und wird zur leichten Beute, wenn Schlankheit gefragt ist. Wenn heute das Geschäft brummt, achtet man kaum auf die Kostenstrukturen, die einem übermorgen in der Flaute den Hals brechen. Als Venture-Funds noch euphorisch Kapital gaben, als selbst das Schweizer Fernsehen in einer Startup-Show die Unternehmensgründung als Lizenz zum Gelddrucken feierte und die Kreditlinien in grosser Höhe verliefen, ging der wirtschaftliche Sachverstand vieler Gründer verloren. Sie haben die Bodenhaftung verloren, weil sie Marktanteile und Wachstum mit Gewinn verwechselt haben.

Alte Kaufmannstugenden werden wieder Thema

Gewinn ist ja in den guten Zeiten, wenn Fremdkapital kein Problem ist, sowieso nicht so wichtig. Etwas, das man – wenn überhaupt – in ferner Zukunft anstrebt. Im Businesssprech der kreditfinanzierten Helden heisst der entsprechende Zeitpunkt dann «Breakeven». Meist ist der Breakdown näher, denn bei aller Euphorie des Aufschwungs und den Möglichkeiten, sich mit der Bilanz reich zu rechnen, sind ein paar alte Kaufmannstugenden auf der Strecke geblieben: Genug Geld in der Rückhand zu haben, Kredite so schnell wie möglich zu tilgen und eher auf Nummer sicher spielen, als zu viel zu risikieren. Das ist mittlerweile auch bei den ganz Grossen ein Thema. Alco-Chef Klaus Kleinfeld gab heute im Interview mit der FAZ die Losung aus: «Es geht um Liquidität und nochmals Liquidität.»

Wer in der Krise gründet, ist besser für die Stürme der Zukunft gerüstet. Ohne die schlankesten Strukturen, ohne die Fähigkeit, mit wenig Fremdkapital auszukommen, und vor allem mit Gewinn jetzt, kann man die Startphase nicht überleben. Wer es schafft, mit diesen Voraussetzungen bis zum Konjunkturaufschwung durchzuhalten, dürfte einen Vorsprung an Produktivitätsgewinn der Konkurrenz gegenüber haben. Die Chance, erfolgreich nach den Sternen zu greifen, ist dann grösser.