Die sich immer mehr zuspitzende Nachfrage von Technologiefirmen nach Talenten wirkt sich negativ auf die Motivation zum Selbergründen aus – zumindest in den USA.

Selber gründen? (Bild: istockphoto)Eine aktuelle Umfrage auf TechCrunch stellte die Frage, für welches Startup die Leser am liebsten arbeiten würden. Gewonnen hat zwar die Antwort „mein eigenes“ – aber lediglich mit 21 Prozent. Dahinter folgen auf den Top-Five die Unternehmen Milk, Square, Twitter und Facebook.

Die Frage dahinter scheint für mich: Was sagt das Ergebnis über die Wünsche von Startuppern aus?

Ermutigend ist, dass Selbergründen die Topposition hat. Ich habe mich jedoch gefragt, warum trotzdem weniger als ein Viertel der Teilnehmer „ihr eigenes Ding“ favorisieren. Das mag zum Teil daran liegen, wie die Frage gestellt war – ein solcher Poll verleitet dazu, interessante Unternehmen zu wählen.

Nichtsdestotrotz: Hat der Gründungsenthusiasmus selbst bei den als besonders unternehmerisch geltenden Amerikanern abgenommen? Die genannten Firmen sind zweifellos höchst spannende und einflussreiche Unternehmen. Aber der Startup-Charakter von Kolossen wie Facebook oder Twitter ist längst passé. Hier haben wir es mit grossen, durchorganisierten Firmen zu tun, wo der Einzelne nur noch wenig bewegen kann. Auch wenn man nach wie vor eine andere Firmenkultur antreffen wird als bei einer Bank: Geht man hier an Bord, begibt man sich mehr oder weniger in ein klassisches Angestelltenverhältnis. Im Gegenzug tauscht man natürlich Unsicherheit gegen ein komfortables Einkommen, was zum Teil auch für Namen wie Square oder Milk gilt. Denn das ist neu: Mit dem aktuellen Boom können hoch bewertete Unternehmen, auch wenn sie erst ein Jahr im Geschäft sind, Saläre zahlen wie etablierte Firmen.

Meine Frage lautet: Sehen wir hier einen Kulturwandel einer bislang Startup-affinen Community zurück zu mehr Sicherheit und weniger Eigeninitiative? Oder hätte dieselbe Abstimmung vor ein, zwei Jahren ein ähnliches Resultat erzielt?

Dazu als Hintergrund eine kleine Übersicht der beiden anderen Topplatzierten, die hierzulande weniger bekannt sind:

Square ist das neue Venture des Twitter-Gründers Jack Dorsey, das im Mai 2011, lediglich 12 Monate nach der Gründung die astronomische Bewertung von rund einer Milliarde Dollar erhielt. Das kalifornische Startup vertreibt eine Bezahllösung für mobile Plattformen. Teil davon ist ein Kreditkartenlesegerät für Smartphones, mit dem auch unterwegs Transaktionen verbucht werden können.

Milk Inc. ist das momentan vermutlich am stärksten gehypte US-Startup. Als eine neue Form von Startup-Inkubator, eine Art Entwicklungslabor will hier ein festes Team rund um die Serienunternehmer und Digg-Alumnis Kevin Rose und Daniel Burka Webapps produzieren. In welche Richtung das genau gehen soll, ist noch unklar. Die Gründer liessen bislang nur verlauten, dass man sich auf disruptive und innovative Apps konzentrieren werde. Als erste App soll Oink eine Art soziales Ratingtool werden. Die Geheimniskrämerei um Milk ist sicherlich Programm: Bei dem aktuellen Kampf um Programmiertalente in den USA mag das Schüren von Neugier und im Vorfeld eine Methode sein, an gute Leute zu kommen – die offensichtlich auch funktioniert.