100 Experten haben ihre Lieblingsstartups gekürt. Dabei zeigt sich: High-Tech hat die Nase vorn. Und: Zürich und die Waadt machen das Rennen um die attraktivsten Standorte unter sich aus.

«High Potential» heisst das Motto: Soeben ist das neue Ranking der Schweizer Startup-Szene erschienen, es versammelt die aussichtsreichsten Jungunternehmen des Jahres. Die Top 100 finden nach ihrer Premiere 2011 zum zweiten Mal statt.

Das Prinzip ähnelt den Oscars: Eine breite Jury (konkret: 100 Experten) wählt ihre Favoriten, gefragt sind Erfolgspotential und Wachstumschancen.

Die Gewinner:

1. Wenig überraschend landet HouseTrip auf dem ersten Platz, das Startup hatte vor kurzem eine Finanzierung in Höhe von 40 Millionen Dollar eingefahren. Arnaud Bertrands Unternehmen hat 2009, vor dem Hype um das US-amerikanische Startup Airbnb, eine ähnliche Idee umgesetzt: Vermittlung von Ferienwohnungen über das Internet. Auf dem Online-Marktplatz können Wohnungen für Ferienaufenthalte ge- und vermietet werden.

2. InSphero hat ein radikal neues Verfahren zur Produktion von Zellkulturen entwickelt. Indem diese kopfüber gezüchtet werden, lassen sich dreidimensionale Kulturen erzeugen, die bei Medikamentenversuchen für realitätsnahe Tests verwendet werden können.

3. Die Buchungsplattform für Touranbieter GetYourGuide sichert sich ebenfalls einen Platz auf dem Treppchen. Dazu bei trugen verschiedene Erfolgsmeldungen der letzten Monate, wie die Kooperation mit der Tourismusplattform Tripadvisor, gute Wachstumszahlen und eine absolvierte Finanzierungsrunde. Das Webstartup vermittelt Ferienerlebnisse per Onlinebuchung.

Die weiteren Startups der ersten zehn Ränge sind der Reihe nach Malciso (Impfstoffe), Bioversys (verbesserte Antibiotika), Optotune (flexible Linsen), Abionic (Allergietests), Lemoptix (Miniaturprojektoren), Dacuda (Bildverarbeitungssoftware) und Bcomp (Flachswerkstoffe).

Es fällt auf: Auf dem Siegertreppchen finden sich drei Startups, die ihre Position vom letzten Jahr verbessert haben. Ins Ranking geschafft haben es aber auch Startups, die 2011 entweder noch nicht gegründet oder weniger bekannt waren. Die fünf bestplatzierten Newcomer sind L.E.S.S. (18), Swissto12 (19), Silp (23), Urban Farmers (30) und Jilion (34).

Geografische Polarisierung

Vergleicht man das aktuelle Ranking mit dem des letzten Jahres, zeigt sich neben der Vorliebe der Juroren für High-Tech eine zunehmende Polarisierung der Szene: Waren schon 2011 die Kantone Waadt und Zürich am besten vertreten, so ist der Effekt heuer noch deutlicher. 78 der 100 Unternehmen kommen aus den beiden ETH-geprägten Startup-Hubs. Auf den nächsten Rängen folgen das Wallis, Bern und Genf.

Der Querschnitt durch die Jungunternehmen gibt auch den Blick frei auf die gefragtesten Branchen. Angeführt wird die Liste von Mikrotechologie (17 Startups), Medtech (17) und Web (16).

Breite Jury

Welche Startups welchen Rang erzielen, das dürfte auch unter den Experten für Diskussionen sorgen. Die Rangliste ist denn auch keine Konsenswahl, sondern eine statistische Auswertung: Welche Startups gelten bei den meisten Juroren als Überflieger, als High Potentials. Ihre Favoriten gewählt hat eine Gruppe von 100 vom IFJ zusammengestellten Investoren und Startup-Coaches, Vertretern von Technoparks, Gründerzentren, Coachingprogrammen und Businessplan-Wettbewerben.

Erklärtes Ziel ist es, die Sichtbarkeit der Startups zu erhöhen, und ihnen so das Finden von Partnern, Investoren und Kunden leichter zu machen.

Im mit dem Ranking erscheinenden Magazin wird neben Hintergründen zum Ranking auch Bilanz gezogen beim Standing der Szene. Thema sind unter anderem die anhaltenden Schwierigkeiten bei der Finanzierung vieler Projekte. So bleiben bei grossen Runden einheimische VCs oft aussen vor, schreibt Jost Dubacher. Bei Investitionen in die platzierten Unternehmen HouseTrip oder Biocartis seien Schweizer Venturekapitalisten immerhin noch beteiligt gewesen. Bei TypeSafe, dem Startup des ETH-Professors Martin Odersky kam das ganze Geld aus den USA.

Wenn sich das Ranking zunehmend etabliert aus Aushängeschild der Szene, mag das für einen positive Effekt in diesem Bereich sorgen – und Startups als aussichtsreiche Investments salonfähig machen.