Der Fokus der Wirtschaft der NZZ vom 4. August geht der Frage nach, wie es um Jungunternehmer in Deutschland steht. Sie diagnostizieren schwachen Unternehmergeist und betonen, die Ausbildung der Schüler und Studenten, aber auch gesellschaftliche Werte müssten sich wandeln.
Wieder verweise ich auf einen Text der Print-Welt und wieder auf einen NZZ-Artikel, der online nicht verfügbar ist – warum eigentlich stellt Falkenstrasse-Online gewisse Artikel nicht ins Netz und andere schon?
Die Autoren dieses Texts sehen in Deutschland wenig ausgeprägten Unternehmergeist. Schuld daran seien Bildung und Ausbildung. Mit Blick auf das BWL-Studium kritisieren die Autoren folgende Punkte:
BWL, nicht Unternehmertum
- Das Studium zeige vor allem Probleme betriebswirtschaftlichen Handelns auf und fördere unternehmerisches Denken oder Risikobereitschaft kaum.
- Strebten BWL-Studenten häufig eine klassische Manager-Karriere an, weil diese bessere Besitzstandswahrung verspreche.
- Sei kaufmännisches Wissen in der Breite und Tiefe, wie es das BWL-Studium vermittle, in vielen technischen Startups nicht notwendig.
Und doch: In der letzten Dekade habe ein Umdenken stattgefunden. Rund 30% aller Studierenden in Deutschland, Österreich und Schweiz könnten sich eine Karriere als Unternehmer vorstellen, wobei diese Quote bei Studierenden technischer Fächer deutlich über dieser 30%-Marke liegt. Die Hochschulen, bemängeln die Autoren, hätten auf diesen Wandel zu wenig reagiert. Noch gebe es keine bewährten Ausbildungsgänge zur Unternehmerausbildung, Veranstaltungen, die sich dem Thema widmeten, seien eher selten.
Zu wenig Förderung
Die Autoren fordern, dass an Hochschulen gründungsspezifisches BWL- und Rechts-Wissen vermittelt werden sollte. Ebenso sollten Fallstudien zu Unternehmensgründungen bearbeitet werden. Studierend müssten auch über die Förderinfrastruktur besser informiert sein und über Alumni-Netzwerke Verbindungen zu Personen mit demselben mind set herstellen können. Wichtig sei, dass sich Hochschulen stärker um den Absatz ihrer Abgänger kümmerten und realisierten, dass erfolgreiche Förderprogramme den Ruf einer Institution nachhaltig positiv beeinflussen könnten.
Unternehmertum als gesellschaftlicher Wert
Zu guter Letzt verweisen die Autoren darauf, dass Unternehmergeist nicht nur mit Ausbildung zu tun habe sondern auch mit gesellschaftlichen Werten. Eigenverantwortung und Risikobereitschaft werden – so soll es sein bei der NZZ – als relevante gesellschaftliche Werte hervorgehoben. Diese Werte müssten Kindern schon früh vermittelt werden, vor allem auch ausserhalb der Schulzimmer. Der Kapitän eines Basketball-Teams könne unternehmerisches Denken erlernen – beispielsweise strategisches Denken und Teamgeist.
Der Artikel macht eine Reihe interessanter Vorschläge. So wird gefordert, dass erfolgreiche Unternehmensgeschichten und damit verbundene Biographien in anonymisierter From – warum anonym? – publik gemacht werden könnten, damit angehende (Jung)unternehmer aus erster Hand erfahren, was sie in der Selbständigkeit erwartet. Und doch: Ich bin nicht ganz sicher, ob es – gerade in der Schweiz, wo KTI und IFJ mit zahlreichen Programmen erfolgreiche Unternehmerförderung leisten – so schlecht um den Unternehmergeist und dessen Förderung bestellt ist, wie die Autoren meinen. Lesenswert ist der Artikel aber allemal, wenn man ihn denn auf Papier greifbar hat …
Ich glaube dass der Unternehmergeist in der Gesellschaft bisher vor allem im direktem Zusammenhang mit der Lohnerwartung auf dem Arbeitsmarkt stand. Not kreiert Chancen und treibt Kreativitaet, solange es also keine Not bzw. Knappheit gibt, gibt es auch keine Unternehmer. Aus meiner Sicht koennte also eine kuenstliche Knappheit an Resourcen in der Ausbildung dazu beitragen, Unternehmer auszubilden. Wie man das umsetzen kann weiss ich derzeit noch nicht, aber etwas mehr Flexibilitaet und Selbstverantwortung in der Organisation von Austauschsemestern bei Hochschul- und Universitaetsstundenten koennte ggf. ein guter Anfang sein. Das waere ein Ansatz.
Der andere Ansatz ist die Barrieren und damit das Risiko zu minimieren. Aus meiner Sicht tut Venturelab nichts anderes als Einstiegsbarrieren zu minimieren. Ob das in Form von Ausbildung, Kapital, Netzwerk oder Marktforschung ist, sie haben bieten viele Erleichterungen. Weniger Barrieren und damit weniger Risiko fuehrt mehr Menschen dazu es zu versuchen.
Grundsaetzlich stimme ich Dir damit also zu, dass die Schweiz einen echt guten Job macht. Von aussen betrachtet sind die Startup-Erfolge der letzten Jahre wirklich nennenswert.
Gibt es andere Ideen oder Meinungen?
Unternehmertum hat aber auch mit den sich bietenden Chancen zu tun. Gesättigte Märkte wie Westeuropa stellen da naturgemäss ein härteres Pflaster dar als aufstrebende Länder wie etwa in Osteuropa oder Lateinamerika. Hier ist der Kuchen schon stark aufgeteilt und jedes Startup schon schnell mit den hohen Kostenniveaus konfrontiert. Die Gewinnchancen sind da kleiner, während die Risiken bleiben. Die Alternative Festanstellung bietet da schnell mehr Buck pro Arbeitseinheit bei substantiell geringerem Risiko. Und schliesslich sind wir ehrlich: We’re all in for the Dollar-bill, nicht?! Unternehmertum ist auch kein Selbstzweck….