Die Ökonomie lehrt: Unternehmer und Kapitalgeber haben das gleiche Ziel, ein florierendes Unternehmen. Doch ist das so? Inwiefern ziehen sie wirklich am gleichen Strick?
Nur etwa jedes vierte Startup in der Schweiz schafft es, an Venture-Kapital zu kommen. Natürlich zielt nicht auch jedes Startup auf eine solche Finanzierung, und Wachstum setzt nicht zwingend viel Kapital voraus. Dass die Investorensuche aber trotzdem ein so schwieriger und aufwändiger Prozess ist, liegt oft an unterschiedlichen Prioritäten von Gründern und Geldgebern. Zwar wollen beide den Unternehmswert steigern, aber darüber hinaus sorgen unterschiedliche Ziele und ein andere Denkweise oft für Konflikte.
Kapital gegen Unternehmer
Die Januarausgabe der Brandeins hat den Themenschwerpunkt Selbständigkeit und widmet sich in einem Interview dem Interessenkonflikt zwischen Gründern und Investoren. Betriebswirt Gerd Walger ist der Meinung, dass die Ziele der beiden Gruppen einander grundsätzlich widersprechen.
Während der Gründer wolle, dass seine Firma am Produktemarkt erfolgreich ist, ziele der Investor auf den Markt für Unternehmenskäufe. Insbesondere Private-Equity-Gesellschaften hätten dabei zu hohe Wachstumserwartungen und, damit verbunden, eine zu kurzfristige Optik. Der Idealfall für den Investor sei eine explosiv im Wert wachsende Firma, was oft keine dauerhafte Wertsteigerung bedeute, sondern eine Preisblase. Ein Zeithorizont, der zu kurz ist für für eine nachhaltige Entwicklung von Firmen mache es den Gründer oft zusätzlich schwer.
Warum Unternehmer keine VCs mögen
Ein lesenswerter Beitrag auf Venture Hacks geht der Frage nach, warum das Verhältnis von Kapitalgebern und Gründer oft ein gespanntes ist. Fred Destin – selber Venture-Capitalist – startete im November auf seinem Blog eine Umfrage unter Unternehmern, um genau das herauszufinden. Herausgekommen ist ein mit The arrogant VC provokant betitelter Artikel, in dem Destin unvoreingenommen die eingegangenen Voten auflistet und kommentiert.
Das Spektrum an negativen Erfahrungen ist breit und die jeweiligen Gründe reichen von falschen Erwartungen bis hin zum Gefühl, übers Ohr gehauen worden zu sein. Destin zitiert weiter überhebliches Benehmen von seiten der VCs, Hinhaltetaktiken und unklare Entscheidungsprozesse. Der grundsätzliche Interessenkonflikt zwischen Kapitalgebern und Gründern taucht auch hier auf, formuliert als Baseball-Metapher: „VCs need home runs, and entrepreneurs need singles at least on their first couple of companies.“
Das George-Bush-Problem
In einem zweiten Beitragsteil kommen weitere Punkte zur Mängelliste hinzu. Darunter sind mangelnde Kommunikation, schlechte Ratschläge, fehlender Bezug zum operativen Alltag und sogar dubiose Geschäftspraktiken. Aus der eindrücklichen Zusammenfassung wird klar, dass schon jede Menge Geschirr zerschlagen wurde in der Beziehung von VCs und Unternehmern.
Der Autor warnt dabei zwar vor Verallgemeinerungen und einem fehlenden Verständnis für die Optik von Investoren, das oft für Enttäuschungen verantwortlich sei. Trotzdem möchte Destin seinen Artikel als Botschaft an VCs verstanden wissen, die sich in der Vergangenheit zu wenig in die Lage von Gründern versetzt haben und in der Folge mit einer angeschlagenen Reputation konfrontiert sind – in den Worten Destins mit einem „George Bush problem“.