Als Startup muss man, angesichts einer etablierten Konkurrenz, im Verkaufsgespräch besonders überzeugen können – drei Wege dazu.

von Manuel Reinhard, Gründer Ticketpark

Startup-Tagebuch: Manuel Reinhard

Wir sind überzeugt davon, das in unserem Bereich einfachste und benutzerfreundlichste Produkt entwickelt zu haben. Dies den potentiellen Kunden zu vermitteln, ist aber eine ganz andere Sache. Zwei Herausforderungen stehen vor allem im Vordergrund:

Ein Startup hat zu Beginn keine nennenswerten Referenzen vorzuweisen. Wenn wir einen grösseren potentiellen Kunden angehen, müssen wir dort erst das Vertrauen gewinnen, dass wir die Fähigkeiten und Möglichkeiten haben, das Auftragsvolumen auch abzuwickeln. Zudem sieht unser Produkt Lösungsansätze vor, die dem Zielpublikum bisher noch nicht in dieser Weise bekannt sind. Im Verkauf gilt es daher, diese greifbar zu machen.

Mit drei Mitteln ist es uns bisher gelungen, trotzdem erfolgreich akquirieren zu können.

1. Das Produkt greifbar machen

Als Ticketing-Anbieter haben wir es mit einer Kundschaft zu tun, welche Beratung wünscht und braucht, bevor es zur Zusammenarbeit kommt. Der Veranstalter möchte sich im Voraus ein möglichst konkretes Bild des Endprodukts machen können.

In unserem Fall haben wir hierzu einen sehr effektiven Weg gefunden: Eines der Kernfeatures unserer Anwendung, die nahtlose Einbindung des Ticketverkaufs in die Website des Veranstalters, bringen wir als Beispielumsetzung gleich in einer personalisierten Version ans Verkaufsgespräch mit. Dazu laden wir uns eine Seite der Veranstalter-Website herunter und passen diese lokal so an, wie das fertige Produkt aussehen könnte.

Sämtliche Demonstrationen und Beispiele können dann innerhalb des Layouts des Veranstalters durchgeklickt werden und alles sieht praktisch so aus, wie es in der fertigen Umsetzung der Fall sein wird. Der potentielle Kunde braucht nach einer solchen Vorführung nur noch wenig Vorstellungskraft, um den Nutzen für seine Kundschaft zu erkennen.

Anders ausgedrückt:
Ein Mockup möglichst nahe an der gewünschten Umsetzung des Kunden sagt mehr als 1000 Worte.

2. «Jetzt du, klick mal!»

Selbermachen macht mehr Spass als Zuschauen und schafft bleibende Eindrücke.

Die erwähnten Mockups stellen wir nach dem Gespräch dem Interessenten gemeinsam mit einem Backend-Zugang zur Verfügung. So kann er das System selbst austesten, innerhalb des Teams diskutieren und mit der bestehenden Lösung vergleichen.

Diese Phase dient nicht nur dazu, Lust auf die Vorzüge unseres System zu machen. Sie hilft uns auch, Schwachpunkte ausfindig zu machen und zu verbessern. Während dieser Phase kommen beim Kunden nämlich die Fragen auf, die er sich bei der Bedienung des Produkts früher oder später sowieso stellen würde. Da der Interessent zu diesem Zeitpunkt noch kein Kunde ist, entsteht somit die Chance, mit einer zufriedenstellenden Antwort oder gar einer Verbesserung des Produkts schon vor dem Kaufentscheid einen begeisterten Fan zu gewinnen.

Anders ausgedrückt:
Wenn sich der Interessent schon vor dem Kauf mit dem Produkt vertraut fühlt, wird er nur ungern eine Alternative vorziehen.

3. Den Kunden mitarbeiten lassen

Ein Satz fällt bei uns in jedem Verkaufsgespräch:
«Wenn Sie weitere Wünsche oder Ideen für das System haben, lassen Sie es uns wissen. Wir bauen es wenn immer möglich ein.»

Tönt nach unabschätzbarem Mehraufwand? Ist es aber nicht. Unsere Kundschaft weiss am Besten, was das System leisten soll. Deshalb ist es von Beginn weg unser Weg gewesen, kein Feature einzubauen, welches nicht zuvor von einem Kunden gewünscht wurde. Einerseits hilft dies, ein Produkt zu schaffen, welches genau den Bedürfnissen unserer Zielgruppe entspricht. Andererseits fühlt sich der Kunde ernstgenommen und mit dem Produkt verbunden, wenn er selbst an dessen Entwicklung mitgearbeitet hat. Werden kleinere Anregungen bereits vor dem Vertragsabschluss umgesetzt, wie kann da der Interessent noch zweifeln, dass er bei einem solchen Anbieter gut aufgehoben ist?

Anders ausgedrückt:
Wird anstatt einer blossen Lieferant-Kunde-Beziehung das Gefühl einer Partnerschaft geschaffen, profitieren Kunde, Startup und Angebot.

Fazit

Ein Startup kann die besonderen Herausforderungen, die ihm im Verkauf entgegenstehen vor allem dann überwinden, wenn es wirkliches Interesse an den Bedürfnissen der Zielgruppe zeigt. Dies erfordert einen gewissen Mehraufwand, welcher sich aber gerade für grössere Kunden durchaus lohnt. Denn sind diese einmal mit an Bord, erleichtert sich dank den Referenzen auch die weitere Akquisition.