Das sibirische Startup Quest.li mit Homebase Zürich hat den Publikumspreis an der TechCrunch Disrupt gewonnen.


Die Zusammenführung und Kommerzialisierung von Location, Werbung und mobilen Plattformen ist nach wie vor ein offenes Rennen. Um ein Stück vom unverteilten Kuchen konkurrieren derzeit Check-In-Services, Rabatt-Vermittler, geobasierte Spiele wie Gbanga (das auch schon mit Coupon-Integration experimentiert hat), Dienste wie LocalUncle (Porträt) oder die Groupshopping-Plattformen.

Quest.li will hier mit einer cleveren Mischung die bestehenden Ansätze weitertreiben und hat damit an der TechCrunch Disrupt in San Francisco gepunktet. Die Grundidee ist eine Plattform, auf der jeder Nutzer einfache Spiele entwerfen kann. Diese bestehen aus einer Reihe von Aufgaben, die vom Spieler gelöst werden müssen, entweder als Quiz oder geobasiert als Schnitzeljagd – vom Prinzip her ähnlich Spiele-Apps wie SCVNGR oder Foxtrail.

Gewinntopf, Goodie oder Preis

Der Business-Case von Quest.li ist zweiteilig. Die B2C-Seite funktioniert nach dem Prinzip, dass ein Spielentwickler für seine Kreation Geld verlangen kann. Das wandert in einen Topf für den ersten Spieler, der das Quest erfolgreich löst. Dieser erhält als Gewinn 70 Prozent, der Spielentwickler und Quest.li streichen je 15 Prozent ein.

Für B2B ist angedacht, dass Unternehmen Spiele für Rabattaktionen und Promos einsetzen können. Sie können Preise, Goodies oder Rabatte an das Lösen von Aufgaben koppeln. Beispiele wären etwa ein Film-Quiz während der Kinopause oder ein Spiel, das Touristen bereits am Flughafen auf eine bestimmte Sehenswürdigkeit aufmerksam macht – verbunden mit Rabattcoupons.

Browserbasiert lässt sich die App bereits ausprobieren, für die mobilen Plattformen steht der Launch kurz bevor. Im Oktober soll es in den USA losgehen, im November in deutschsprachigen Ländern  und Frankreich.

Novosibirsk – Zürich – San Francisco

Hinter diesem ambitionierten Zeitplan steht Danil Kozyatnikov. Er stammt aus Novosibirsk, hat in San Diego studiert und hat mit seinem Team in Russland 2010 mehrere Onlinegames realisiert. Die in Zürich beheimatete Beteiligungsgesellschaft Redalpine wurde nach dem LeWeb-Auftritt von Danil im Dezember 2010 auf Quest.li aufmerksam. Danil war dort mit einem einem Sweatshirt mit der Aufschrift «Have a working prototype – looking for VC» unterwegs. Bereits im Januar stieg Redalpine mit einem Investment von 200’000 Franken ein – obwohl der Businessplan noch nicht fix feststand, so Investor Nicolas Berg. Quest.li hat mittlerweile ein Schweizer Office im Zürcher Westpark, direkt am Sitz von Redalpine. Grund für die neue Homebase ist die Möglichkeit, in den Zielmärkten Europa und USA leichter Kontakte zu knüpfen und Finanzierung und B2B-Geschäft auszubauen. Danil wird von Zürich aus Marketing und Management übernehmen, während die Entwicklung vorerst in Novosibirsk bleibt.

Beim der Vermarktung setzt Quest.li auf Hype und Eigendynamik. Dazu will man für die kritische Masse sorgen, indem man der App zunächst in der Geek-Community Tritt verschafft. An Unis und Webevents sollen affine Gruppen angesprochen werden um einen Grundstamm an Nutzern und Inhalten aufzubauen. Danil ist seit Anfang September in den USA unterwegs, um die Werbetrommel zu rühren und Quest.li in der Blogger-Community Sichtbarkeit zu verschaffen.

Das ist auch nötig – Danil hat für die gegenwärtige Finanzierung einen beinharten Deal: Sein Vertrag mit Redalpine knüpft seine Firmenanteile nämlich unter anderem an den Erfolg der App. Je nach Userzahl zum Stichdatum Ende Januar 2012 gehören ihm dann nur noch eine Minderheit oder bis zu 70 Prozent des Unternehmens. Mindestziel für Danil sind 120’000 Nutzer.

Derzeit läuft eine Kapitalerhöhung um 300’000 Franken, die primär fürs Marketing in den nächsten sechs Monaten gedacht ist.

Hip – zu Recht?

In San Francisco hat das Startup zwar nicht die Jury, aber zumindest das Publikum begeistert. Der Preis hat den Gründern auf einen Schlag eine Menge Publicity beschert – und vermutlich einen Besucheransturm auf der Webseite: Kurz nach der Meldung über den Audience Award bei TechCrunch Disrupt war der Server von Quest.li kurzfristig nicht mehr erreichbar.

Die App verfolgt einen spannenden Ansatz und hat das Potential, aufgrund des zugänglichen Prinzips ein grösseres Publikum anzusprechen als bestehende Apps. Den Demos nach zu urteilen wirkt das UI-Design aufgeräumt und die Bedienung einfach genug, um einen schnellen Einstieg zu erlauben. Für den nötigen Start-Anschub wird es aber wichtig sein, dass Quest.li grosse Promo-Partner an Land zieht, die Spiele mit attraktiven Preisen bereitstellen und diese auch offline bewerben um Quest.li so die nötige Sichtbarkeit zu verschaffen. Über einen Schlüssel-Faktor haben die Gründer allerdings keine Kontrolle: Der Erfolg wird gerade auch davon abhängen, wie attraktiv die User-generierten Spiele ausfallen.