AGs und GmbHs haben beide Vor- und Nachteile, wenn es um die Zusammenarbeit von Startups mit Private-Equity-Investoren geht. Unser Gastautor verrät, welche Rechtsform sich besser eignet.

Gastbeitrag von Martin Steiger, Rechtsanwalt

Rechtstipps für StartupsDie Grund-Kriterien bei der Entscheidung für die passende Rechtsform haben wir bereits behandelt. Fazit: Kapitalgesellschaften sind Trumpf.

Welche der beiden Optionen GmbH und AG eignet sich aber nun besser für Startups, die Investoren anziehen möchten? Darum dreht sich die aktuelle Rechtsfrage:

«Ist es empfehlenswert, ein Startup-Unternehmen mit Blick auf Private-Equity Investoren als GmbH oder «kleine AG» zu gründen?»

Die Bezeichnung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) als «kleine Aktiengesellschaft» geht auf die Revision des GmbH-Rechts in der Schweiz per 1. Januar 2008 zurück. Mit dieser Revision hat sich die Rechtsform der schweizerischen GmbH in vielen Aspekten der Aktiengesellschaft (AG) angenähert oder die entsprechenden rechtlichen Bestimmungen verweisen sogar direkt auf jene der AG. Im Ergebnis bietet die GmbH wesentlich flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten als früher und entspricht in vielen Aspekten der AG.

Für Startups erscheint die Gründung als GmbH häufig attraktiv, weil im Vergleich zur AG weniger Gründungskapital notwendig ist:

CHF 20’000 vollständig einbezahlt bei der GmbH gegenüber CHF 100’000 bei der AG, wovon 20 Prozent beziehungsweise mindestens CHF 50’000 einbezahlt werden müssen. Viele Gründer unterschätzen aber die Auswirkungen der Gründung als GmbH auf die Gewinnung von Venture Capital (VC)-Finanzierungen und die spätere Beteiligung von Private Equity (PE)-Investoren, die bei Startups häufig notwendig oder zumindest erwünscht ist.

Vorteile der GmbH gegenüber der AG

Die GmbH als Rechtsform ist grundsätzlich für VC-Finanzierungen und Transaktionen unter Beteiligung von PE-Investoren geeignet. In vielen rechtlichen Belangen ist die GmbH der AG ebenbürtig, in einigen Belangen vorteilhafter:

Regelungen für Konkurrenzverbote und Vorzugsrechte der Gesellschafter oder Pflichten zur Entscheidungsfindung innerhalb der Gesellschaft beispielsweise können in den Statuten der GmbH festgelegt werden, während bei einer AG dafür üblicherweise ein Aktionärsbindungsvertrag (ABV) notwendig ist. Gesellschafter geniessen damit den Vorteil, bei vertragsbrüchigen Mitgesellschaftern nicht nur direkt gegen diese vorgehen, sondern auch die GmbH selbst belangen zu können. Der gleiche Vorteil besteht für Übertragungsbeschränkungen, die in den Statuten der GmbH umfassend definiert werden können, während bei der AG dafür ein ABV verwendet werden muss. Die Regelung in den Statuten erlaubt Gesellschaftern, ihre Ansprüche mit mehr Nachdruck und dadurch effizienter durchsetzen zu können.

Nachteile der GmbH gegen der AG

Die GmbH ist mit Blick auf die mögliche Beteiligung von PE-Investoren leider auch mit verschiedenen Nachteilen verbunden:

  1. Der Mindestnennwert pro GmbH-Stammanteil zum Beispiel beträgt CHF 100 im Vergleich zu CHF 0.01 bei Aktien. Bei der GmbH ist es aufgrund dieses Mindestnennwertes allenfalls nicht möglich, die vereinbarten Beteiligungsverhältnisse in der Kapitalstruktur akkurat abzubilden.
  2. Bei der GmbH besteht eine Beschränkung auf ordentliche Kapitalerhöhungen und anders als bei der AG kann kein bedingtes oder genehmigtes Kapital geschaffen werden kann. Aus diesem Grund ist es bei der GmbH schwierig, für Mitarbeiter und anderen Personen analog zur AG mit Optionen auf Beteiligungsrechte am Startup Erfolgsanreize zu schaffen.
  3. Gesellschafter der GmbH können im Vergleich zur AG nur unter erschwerten Bedingungen ausgeschlossen werden («Bad Leaver»). So muss verwendbares Eigenkapital vorhanden sein und ausgeschlossene Gesellschafter haben Anspruch auf eine Entschädigung gemäss dem tatsächlichen Wert ihrer Stammanteile an der GmbH.
  4. Die Statuten der GmbH müssen beim Handelsregisteramt als Beleg eingereicht werden und unterliegen dem Öffentlichkeitsprinzip des Handelsregisters, das heisst die oben beschriebenen, möglichen Regelungen in den GmbH-Statuten können von jedermann eingesehen werden. In den meisten Fällen wünschen Unternehmensgründer, PE-Investoren und andere Beteiligte aber, dass diese Regelungen vertraulich bleiben.

Empfehlung

Grundsätzlich ist die Rechtsform der GmbH im Vergleich zur AG auch mit Blick auf VC-Finanzierungen und die Beteiligung von PE-Investoren geeignet. Im Ergebnis allerdings lassen die oben beschriebenen Nachteile die GmbH für die meisten Startup-Unternehmen als nicht empfehlenswert erscheinen, zumal mit der AG eine bewährte Rechtsform für VC-Finanzierungen und PE-Beteiligungen besteht. Mit der Startup-Gründung als AG von Anfang an steht diese etablierte Rechtsform bei Bedarf sofort zur Verfügung und es entfällt Zusatzaufwand, der bei der GmbH zu erwarten wäre.

Handfeste rechtliche Tipps vom Profi zu einem Startup-Thema gibt es regelmässig in der Rubrik «Recht für Startups». Wer eine Frage als Themenvorschlag für unseren Gastautor unterbringen möchte, tut dies am besten via die Tippsbox.Zum Autor: Martin Steiger studierte an der Universität St.Gallen (HSG) und ist langjähriger Anwalt für Recht im digitalen Raum. Die Schwerpunkte seiner Anwaltskanzlei in Zürich liegen im IT-, Immaterialgüter- und Medienrecht. In seiner Freizeit engagiert er sich unter anderem bei der Digitalen Gesellschaft und bei TEDxZurich.

Im Zweifelsfall, bei Unklarheiten und für Abklärungen im Einzelnen empfiehlt sich die Beratung durch eine Fachperson wie beispielsweise einen Rechtsanwalt.