Mit einer selbst-aufpumpenden Velobereifung will Benjamin Krempel das Aufpumpen von Hand überflüssig machen. Das Projekt hat kürzlich die Jury von Venture 2012 überzeugt.

In der Alltagstechnik sind alle denkbaren Erfindungen schon gemacht. Oder doch nicht?

Dass Innovation auch bei scheinbar banalem wie einem Veloreifen noch möglich ist, zeigt Benjamin Krempels Startup PumpTire.

Wer denkt, dass clevere Erfindungen immer ein once-in-a-lifetime Erleuchtungsmoment voraussetzen, findet hier übrigens ein Gegenbeispiel. Erfinden kann nämlich ein gezielter Prozess sein. Wie Benjamin erzählt, suchte er dezidiert nach Ideen für Produktinnovationen. Sein Ansatz:

Welche Tätigkeiten, die wir im Alltag notgedrungen verrichten, sind genau betrachtet «Workarounds»? Workaround hier im Sinn der Umgehung eines Problems, eines Behelfs, weil etwas nicht richtig funktioniert. So kam er zur Feststellung, dass das regelmässige Aufpumpen eines Velos eigentlich eine Notlösung ist; Veloschläuchen fehlt quasi ein nahe liegendes Feature.

Also begann der Maschinenbauingenieur in seiner Garage zu tüfteln. Und kam auf die Idee, die Vorwärtsbewegung beim Fahren zum Aufpumpen des Schlauchs einzusetzen. Das funktioniert so, dass ein dünner Schlauch in den Velopneu eingearbeitet wird, der während des Fahrens laufend zusammengedrückt wird. Die durch den Schlauch bewegte Luft wandert über ein Einweg-Ventil in den eigentlichen Schlauch – bis der angezielte Druck erreicht ist.

In einem Erklärvideo erklärt er die Idee und führt einen proof of concept vor.

Letztes Jahr bastelte Benjamin mit frei erhältlichen Materialen einen funktionierenden Prototypen. Im Sommer 2011 startete er darauf ein Kickstarterprojekt, um die Idee zu finanzieren und selbst zu vertreiben. Das Projekt brach er kurze Zeit später aber wieder ab.

Stattdessen zog er das Projekt neu auf und zielt nun eine Kooperation mit grossen Pneuherstellern an, die den PumpTire auf den Massenmarkt bringen sollen. Das macht Sinn – falls sich die Technologie als zuverlässig und praxistauglich erweist, hat sie ein beachtliches Marktpotential.

Crowdfunding: ja oder nein?

Für PumpTire war Kickstarter offenbar nicht der richtige Weg. Da stellt sich die Frage, für welche Art von Ideen projektbasierte Crowdfunding-Plattformen das Instrument der Wahl sind. Eher absehen von Crowdfunding sollte man aus meiner Sicht, wenn:

  • die Technologie noch nicht ganz ausgereift ist. Benjamin war zum Zeitpunkt des Projekts noch auf der Suche nach einzelnen technischen Lösungen für die Umsetzung.
  • Wenn die Technologie zu komplex ist. In den Kommentaren auf Kickstarter stellten Interessierte eine Menge Rückfragen zum Produkt, zu technischen Details und der Funktionsweise. Obwohl Pumptire einfach und catchy klingt, für die Zielgruppe war die Idee wohl doch zu kompliziert.
  • Wenn die Idee zu neu ist. Wenn der Kundennutzen nicht unmittelbar zu erklären ist, oder – wie bei PumpTire eher der Fall – man etwas selbst ausprobieren müsste um zu sehen, dass es funktioniert: Dann ist es besser, man überlässt den Vertrieb einem grossen Handelspartner, der auch die nötige Überzeugungsarbeit übernehmen kann. Sobald jemand den PumpTire im lokalen Veloladen sieht, wird er eher an dessen Funktionieren glauben als beim Kauf übers Netz.
  • Wenn das Marktpotential nicht nur eine Nische umfasst. PumpTire hat eine Idee in petto, für die potentiell ein Riesenmarkt besteht. Sie wäre beinahe verschenkt, würde man sie nicht entsprechend gross aufziehen.

Momentan strebt PumpTire eine Seedfinanzierung an und ist auf der Suche nach personeller Verstärkung, wie Benjamin betont. Mit grossen Reifenherstellern ist er bereits im Gespräch. Der PumpTire landete anfangs Januar in der ersten Runde von Venture 2012 unter den zehn Sieger-Startups.