Das Startup L.E.S.S. sucht zurzeit Investoren für eine Hightech-Anwendung mit einem potentiell riesigen Markt. Wie sich herausstellt, ist die Finanzierung von Hardware-Produkten in der Schweiz aber alles andere als einfach.

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Für das Interview mit Yann Tissot muss ich eine Randzeit vereinbaren. Einen Termin zu finden, klappt erst beim dritten Anlauf. Der Mitgründer von L.E.S.S. ist zurzeit sehr beschäftigt, er arbeite rund 70 Stunden pro Woche, schätzt er. Im Moment gehe es um die weitere Entwicklung und Kapitalbeschaffung: «Viel Reisen, mit Investoren und Kunden sprechen», so Tissot.

Die Technologie von L.E.S.S. ist eine neuartige, optische Faser. Die Idee für L.E.S.S. hatte der Gründer während seiner Mitarbeit bei einem anderen Startup – Optotune. Aktuelle LCD-Displays, wie sie als Bildschirme für Computer oder Fernseher, in Handys oder Tablets zum Einsatz kommen, haben eine Hintergrundbeleuchtung. Weisse Leuchtdioden (LED) strahlen die Anzeige von hinten an. Die L.E.S.S.-Gründer arbeiten an einer Technologie, die das ändern will. Statt LED sollen künftig spezielle Glasfasern zum Einsatz kommen, die die Hintergrundbeleuchtung effizienter machen. Als Vorteile winken ein geringerer Energieverbrauch und dünnere Displays. Der Markt dafür wäre riesig.

Eine Menge Preise


Entsprechend gross war die bisherige Aufmerksamkeit für L.E.S.S., seit dem Start hat das Jungunternehmen eine Menge Preise und Support erhalten: einen Innogrant der ETH Lausanne, venture kick, Top 100, Climate-KIC, IMD Startup, ausserdem Unterstützung von KPMG, Lombard Odier und dem Kanton Waadt. Zwei Prototypen zeigten die Gründer bereits letztes Jahr. Erklärtes Ziel der Gründer ist die Lizensierung der Technologie an einen grossen Hardwarehersteller. Bevor das jedoch möglich sei, müsse man beweisen, dass sich die Leuchtfasern für die Massenproduktion und den Einsatz in Konsumentenprodukten eignen. Das bisherige Feedback potentieller Kunden sei gut, so Yann Tissot. Wo es hapere, seien die Investoren. Um L.E.S.S. markttaugglich zu machen, braucht das Startup Geld für die Phase bis zum fertigen Produkt, unter anderem für Infrastruktur.

Bislang finanzieren sich die Gründer über die zahlreichen Gründerpreise, die sie gewonnen haben und ein Nebenprojekt für einen Uhrenhersteller. Zudem ist für dieses Jahr ein erster Produkt-Spin-Off angedacht. Die Leuchttechnologie des Startups taugt nämlich auch für andere Felder. Eines davon sind Inspektionsleuchten, die für die Untersuchung von Bauteilen benötigt werden. Hier will L.E.S.S. bis Ende des Herbsts ein Produkt am Markt haben.

Gutes Feedback aus dem Ausland

Trotz des guten Feedbacks – «die Kunden sind da», tun sich Yann Tissot und Mitgründer Simon Rivier noch schwer mit dem Finden von Geldgebern. In der Schweiz bleibe es schwierig, Investoren suchten momentan schnelle Gewinne mit niedrigen Investitionen. «Es fehlt an der Risikokultur», sagt Tissot. In seiner Erfahrung sei die Schweizer Szene zu konservativ und die meisten Geldgeber zu wenig interessiert, grosse Investments mit einem längeren Atem zu vergeben, wie sie für Hardware-Produkte nötig seien. Es sei relativ einfach, 300’000 bis 500’000 Franken zu erhalten, darüber hingegen fehle die Bereitschaft. Dabei rechnen die L.E.S.S.-Gründer mit einem Finanzierungsbedarf von vier Millionen Franken, um die weitere Entwicklung bis zur Produktionsphase zu decken.

Deshalb schauen sich Tissot und Rivier mittlerweile auch anderweitig um. Ein realistisches Szenario sei, die Entwicklung durch einen Hardwarehersteller decken zu lassen, so Tissot. Die Unterstützung würde helfen, das Produkt marktreif zu machen, anschliessend käme der Hersteller in den Genuss der Technologie für seine Produkte. Da neben Herstellern auch schon ausländische Investoren Interesse bekundet haben, schaue er deshalb positiv in die Zukunft, sagt Yann Tissot. Schade wäre dabei einzig, dass dann eine Schweizer Technologie erst dank ausländischem Geld auf den Markt kommen würde.