startup-erfahrung2.pngBei Fernweh einfach vom Ausland aus arbeiten: Unser Gastautor hat es selbst ausprobiert und gelernt, worauf man achten sollte.

Gastbeitrag von Reto Lämmler, TestingTime

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Ein Wunsch-Arbeitsplatz?

Ein Laptop, eine Internetverbindung und Reisefieber. Damit hat man bereits die Ausrüstung für ein Leben als digitaler Nomade. Es klingt traumhaft und verlockend, an einem schönen Strand die Füsse ins warme Wasser zu stecken und per Laptop für einen Kunden in der Heimat zu arbeiten. Man kombiniert Ferien mit Arbeit, geniesst tiefe Lebenskosten und mit wenigen Stunden Arbeit kann man sich bereits ein feudales Leben in anderen Ländern des Globus leisten.

Wieviel Traum und Illusion stecken dahinter? Als Experiment habe ich diesen Lifestyle letztes Jahr beschnuppert und meine Erfahrungen gesammelt.

Los ging es im Sommer 2012, zeitgleich mit dem Release von Remember The Name. Ich begab mich zwei Monate auf die Reise: Berlin, Singapur, Malaysia und Vietnam. Das Ziel war, mit möglichst kleiner «Burnrate» durch diese Länder zu reisen und gleichzeitig online Marketing für Remember The Name zu betreiben. Um meine Lebenskosten niedrig zu halten, vermietete ich vor der Abreise meine Zürcher Wohnung über Airbnb.

Eine Frage der Prioritäten 

Ich reise wirklich gerne. Jedes neue Land ist spannend und voller Überraschungen. Und genau hier beginnt die Herausforderung dieses Lebensstils. Was hat Priorität? Reisen oder Arbeiten? Verbrachte ich den ganzen Tag hinter dem Laptop, hatte ich ein schlechtes Gewissen, das Land oder die Stadt nicht richtig zu besichtigen. Rannte ich jeder Touristenattraktion hinterher, hatte ich wiederum Gewissensbisse, nicht zu arbeiten und nur Ferien zu machen. Ich versuchte, beides unter einen Hut zu bringen. Aber irgendwie fand ich nie eine gesunde Balance und fühlte mich laufend gestresster mit dieser Kombination aus Reisen und Arbeiten.

In Vietnam traf ich mich mit Jon Myers (User-Interface-Designer), einem echten digitalen Nomaden, um mehr über diesen Lifestyle zu erfahren und eine Lösung für mein Dilemma zu finden. Jon ist mit seiner Freundin permanent unterwegs und hat keine Basis mehr in den USA.

In der Rubrik Startup-Diary schildern Jungunternehmer regelmässig, mit welchen praktischen Problemen sie in ihrem Gründeralltag konfrontiert werden und welche Lösungsansätze sie gefunden haben.
Er arbeitet für bestehende Kunden, welche er bereits vor seinem Nomadenleben akquiriert hat. Seine Meinung: gleichzeitiges Reisen und Arbeiten funktioniert schlicht nicht. «Man muss mehrere Monate am gleichen Ort bleiben. Wenn du reisen möchtest, lass den Laptop zu Hause und geniess die Reise. Wenn du als digitaler Nomade arbeiten möchtest, mach dich temporär sesshaft.» Hier hatte ich meine Antwort: Mein Trip war zu kurz gewesen und beinhaltete zu viele Ortswechsel.

Entweder oder

Im Durchschnitt arbeitete ich pro Tag (mit Ausnahme von Reisetagen) ungefähr drei Stunden effektiv. Besser und ausgewogener wäre gewesen, jede Woche zwei bis drei fixe Arbeitstage zu haben und die verbleibenden Tage für Sightseeing freizuhalten.

Seit Dezember 2012 bin ich wieder fest in Zürich. Ich arbeite nach wie vor ohne fixes Büro und vorwiegend virtuell mit anderen Leuten über Elance zusammen. Das funktioniert gut für Consumer-Projekte wie Remember The Name. Mit TestingTime ist die virtuelle Arbeit jedoch schwieriger, da wir oft Meetings mit lokalen Kunden haben. Auch lebt das ganze Team vor Ort, was mit regelmässigen Treffen die Arbeit einfacher und praktischer macht.

Der Wunsch, als digitaler Nomade herumzuziehen, ist bei mir noch nicht erloschen. Für einen zweiten Anlauf würde ich nur noch ein Reiseziel anstreben und mir ein bestimmtes Projekt mit einem bestimmten Ziel auswählen. Wäre ich zum Beispiel zwei Monate am gleichen Ort, hätte ich spätestens nach ein bis zwei Wochen meinen Sightseeing-Durst gelöscht und könnte mich auf ein lokales Leben ohne ständiges «Einpacken-Weiterreisen-Auspacken» einstellen. Wird es Brasilien, Indonesien, Mexiko oder sonst was sein? Wer weiss, träumen darf man ja.

Wer von euch hat schon Erfahrungen als digitaler Nomade gesammelt? Was sind eure Empfehlungen?

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(Artikelbild: Michael Coghlan auf flickr.com, CC BY)