Früher gang und gäbe, inzwischen längst überholt. Hier fünf Startup-Untugenden, die unserer Meinung nach abgeschafft gehören.
1. Die Idee eines gerade grosszügig finanzierten US-Startups kopieren
Man sieht es immer wieder: Startups, die ihre Geschäftsidee von Techcrunch haben. Jedes in Übersee erfolgreiche Jungunternehmen provoziert im deutschsprachigen Raum sofort Kopien, die auf schnellen Erfolg im Windschatten des Originals spekulieren. Oft sogar in der Hoffnung, vom Vorbild gekauft zu werden, bevor ihnen das Geld ausgeht. Unabhängig davon, wie wenig innovativ das ist – heute landet man mit dieser Strategie unter ferner liefen, Bespiele finden sich etwa im E-Commerce.
Es lohnt es sich kaum, mit einem solchen Klon in den Ring zu steigen – ausser, man hat zufällig Millionen im Rücken. Egal, wie gut das Gründerteam ist, wenn man gleichzeitig mit einem Dutzend identischer Wettbewerber an den Start geht, wird es schwierig. Ganz abgesehen davon, dass viele kurzfristig hippe Themen schnell wieder in sich zusammenfallen. Und wer will schon einem schnell verblassenden Hype hinterher rennen?
2. «Wir sind ein Lean Startup» als Ausrede haben
Oft hört man: Unser Motto ist «fail fast». Klar, Fehler machen und daraus lernen gehört zum Gründen eines Startups. Problematisch wird es aber, wenn man nicht mehr versucht, kluge Produktentscheidungen zu treffen und stattdessen einfach drauflos baut. Sich unter der Flagge «Lean Startup» von Fehler zu Fehler hangeln und darauf stolz sein, ist gefährlich. Startups, die ohne Vision des eigenen Produkts alles komplett dem Usertest überlassen, riskieren, wie ein steuerloses Schiff vor sich hin zu treiben. Das Resultat: Monatelanges Iterieren, sich von einem vermeidbaren Pivot zum nächsten schleppen und dabei Geld und Zeit verlieren.
3. «Wir werden viral» als Marketingstrategie
Mittlerweile haben wir genug Praxis darin, was Social Media bewirken und was nicht. Sie sind zweifellos ein wichtiger Teil im Marketingmix. Aber den wenigsten Startup gelingt es, ihre ersten Nutzer so zu mobilisieren, dass sich der Nutzer von selbst wie ein Lauffeuer verbreitet. Seinen Startup-Erfolg auf diesen Zufall zu setzen, ist fahrlässig. Viralität ist der seltene Sechser im Lotto, für die meisten Startups ist Marketing harte Arbeit.
4. Gründen ohne Geschäftsmodell
Es war lange populär: im Gefolge der grossen sozialen Dienste aus Übersee Startups zu bauen, die kein Geschäftsmodell mitbrachten. Die Entschuldigung: «Wir setzen zuerst auf Wachstum und überlegen uns die Monetarisierung später – wie Twitter.» Diese Strategie ging selten auf und tut es immer weniger. Wer nicht gerade zum absoluten Smash-Hit wird, sich vor Nutzern kaum retten kann und darum auf VC-Geld spekulieren darf, für den wird es eng: irgendwann geht das Geld aus.
5. Auf die Nutzer warten
Sowohl Apples App Store als auch Googles Play Store halten dieser Tage stramm auf eine Million Applikationen zu. Wer heute eine neue App lanciert, kann auf weniger Aufmerksamkeit denn je zählen. Dass eine App erhältlich ist, reicht nicht mehr; ein Distributionskanal macht noch keine Verkäufe. Das gleiche gilt für Web-Startups. Hoffen auf Medien-Publicity zum Launch genügt nicht. Die Vermarktung ist mittlerweile ebenso wichtig wie das Produkt.
Was sind eure No-Gos?
(Artikelbild: istockphoto.com)
Wie wohltuend ist es, wenn Social Media hier etwas zurecht gerückt wird!
Ein weiteres No-Go ist, ewig lange mit schlechten Prozessen im Start-up zu operieren. Es ist keine Schande, wenn Know-how bei den Business-Prozessen fehlt. Dies lässt sich aber entweder durch Mitarbeiter oder externe Berater mit entsprechender Erfahrung aufbauen.
Jeder, der testet bzw. testen lässt, ist im Grunde ein bisschen lean. Was jedoch in kleinen Dosen angewandt als Gebot zu verstehen ist, erscheint in Reinform gelebt grotesk. Als Unternehmer bin ich gefordert, eine spezifische und übergeordnete Vorstellung des Aussehens und Funktionierens meines Produkts zu entwickeln. Natürlich helfen mir künftige und aktuelle User diese Vorstellung zu überprüfen, aber Inhaber der Vision ist der Unternehmer bzw. das Unternehmerteam.
Mein no-go:
Wenn ein Betriebswirtschaftler, ein Mathematiker und ein Finanzberater ein Onlineprojekt starten und keiner eine Ahnung von irgendwas online hat…
Da entstehen manchmal tolle Projekte. Aber einfach nicht „online-fähig“.
Ein No-Go ist aus meiner Sicht, die Strategie laufend zu ändern. Der Erfolg kann sich nur einstellen, wenn man diese konsequent verfolgt.
Interessante Punkte. @Sebi: Kann ich bestätigen, das habe ich selber miterlebt und kann vor allem zu einer ständig neuen Positionierung führen was das Marketing und den Verkauf vor grosse Probleme stellt. Bezüglich des Kopierens einer Idee muss ich etwas widersprechen. Natürlich haben diese Startups/Ventures Vorsprung, und offensichtlich in gegebenem Fall die finanziellen Mittel um richtig vorwärts zu machen. Allerdings haben diese oft keine Mehrsprachigkeit was den Markteintritt in Europa hindert (Beispiel Webshops), oder passen sich nicht an lokale Gegebenheiten an (zBsp legal). Es kann sein dass Sie sich langsam oder schlecht entwickeln, respektive eben gewisse Fehler selber eingehen. Sie fokussieren sich oft auch auf ein Marktsegment, und ein Pivot kann sich lohnen. Was sicher zutrifft ist dass eine Idee an sich, welche irgendwo funktioniert, ohne grossen Aufwand Erfolg hat. Und hier täuschen sich sicher einige.
Lesenswert: Venture Capital, Asuum, Roomido, Start-up-Untugenden, Storytelling :: deutsche-startups.de
Was noch ein noGo ist? Eine Heerschar von Praktis rekrutieren (zu wollen), um ihnen dann auch noch güldene Zeiten zu versprechen, wenn es denn fliegen sollte!