Mobino will als Micropayment-System dort weitermachen, wo Paypal aufgehört hat – und setzt dabei auf Mobiltelefone. Es soll online ebenso wie an jeder Registrierkasse eingesetzt werden können und ganze Volkswirtschaften in Schwung bringen. Es startet im September.

Jean-François Groff, Mobino

Jean-François Groff, Mobino

Der Franzose Jean-François Groff ärgert sich. Und das seit bald zwanzig Jahren: Er war im Team von Tim Berners Lee am CERN an der Entwicklung von HTML und damit des World Wide Web beteiligt.

Schon Ende der neunziger Jahre wünschte er sich, dass die Kommerzialisierung des Web wenigstens durch ein funktionierendes Micropayment-System auch für die Massen nutzbringend gemacht würde.

Paypal sei ein guter Ansatz gewesen, dieses Ziel zu erreichen, sagt Groff – aber dann habe sich der Dienst den Kreditkartenfirmen ergeben. Heute sei Paypal nicht mehr als die Cashcow von Ebay und verdiene an den hohen Kommissionen der Kartenfirmen mit, ohne den Bezahlvorgang online bequemer oder sonst wie niederschwelliger gemacht zu haben.

Also hat sich Groff daran gemacht, mit einem ähnlichen Ansatz ein System auf den Markt zu bringen, das dort weitermacht, wo Paypal aufgehört habe.

Sein Unternehmen heisst Mobino und soll noch im September in der Schweiz gelauncht werden.

Handynummer als Identitätsträger

Die Nutzer werden dabei über ihre Mobiltelefonnummer und eine PIN eindeutig identifiziert. Mobino macht also ein Handy oder vielmehr eine Mobiltelefonnummer zum eigentlichen Träger des virtuellen Portemonnaies, was deswegen spannend ist, weil Mobiltelefone inzwischen auch in Schwellenländern und der Dritten Welt höchste Wachstumsraten für den Zugang zu einer vernetzten Welt aufweisen.

mobinoMobino wird deshalb auch auf „nicht-smarten“ Telefonen via Voice-Menü oder per SMS funktionieren. Für den hiesigen Markt – geplant ist der Start des Dienstes in DACH und Italien, weil dort Bargeld noch eine grössere Rolle spiele als etwa in Frankreich – mittels einer Smartphone-App, die seit einiger Zeit für Android und iOS in den Stores verfügbar ist.

Wenn Kunde A dem Verkäufer B etwas bezahlen soll, schickt ihm B via Mobino eine Zahlungsanfrage, die A mit wenigen Tastendrücken und der Eingabe seiner PIN am Mobiltelefon autorisiert. das funktioniert sowohl in der realen Welt als auch für Online-Käufe. Die Kommission für Mobino beträgt bei Händlern 1 Prozent und ist damit deutlich günstiger als Kreditkartenzahlungen; Geldüberweisungen zwischen Privaten sind kostenlos.

Die Mobino-Konten werden in der Schweiz alimentiert, indem die Kunden dem Bezahldienst eine Lastschriften-Ermächtigung gewähren. Der Banking-Partner hierzulande ist Postfinance; Mobino-Guthaben können jederzeit auf das mit dem Mobino-Konto verbundene Bankonto gutgeschrieben werden lassen.

Interesse von Zentralbanken

In weniger entwickelten Volkswirtschaften werden unabhängige Agenten für Mobino den Umtausch der virtuellen in reale Währung vornehmen – sofern dies überhaupt nötig ist: Lauf Groff interessieren sich bereits einige Zentralbanken in Schwellenländern für das System, weil es den (teuren) Bargeldverkehr entlasten und den alltäglichen Kleinhandel in Schwung bringen könnte.

Derzeit schenkt Mobino Neuanmeldern einen virtuellen Kontobetrag von 10 Schweizer Franken: Eine wirksame Methode, um dem System schnell eine grosse Verbreitung zu garantieren. Auf die Frage, wie sich das finanzieren lässt, lacht Groff: Paypal habe mit dem gleichen Marketingkniff die eigene Erwartung von 3 Millionen Nutzern in den ersten sechs Monaten um 15 Millionen übertroffen – der Erfolg habe es leicht gemacht, die Finanzierung nachträglich zu sichern.