„Spielen macht klug“ titelte Der Spiegel vor einigen Tagen. Aber nicht nur die wichtigste Zeitschrift Deutschlands sieht bei Games auf Mobile Devices ein grosses Zukunftsfeld, sondern auf zahlreichen Newsportalen häufen sich Artikel zum Thema „Serious Games“ sowie über die positive Wirkung von „Gamen“. Auch in der Schweiz wächst dieser Markt- nicht nur in Hinblick auf die User, sondern auch als Kommunikations- und Marketingtool für Firmen. Ein grosses Potenzial für Jungunternehmer und Startups.
Der Bereich Mobile Gaming könnte der klassischen Videospiel-Industrie bald den Rang ablaufen. Bis im Jahre 2017 wird ein weltweiter Umsatz von 100 Milliarden Dollar erwartet, wie das Onlineportal Gamesbeat berichtet. Das Portal stützt sich dabei auf einen Bericht der Spiel-Investmentbank Digi-Capital über mobile Spiele. Die Studie zeigt auf, das Mobile Gaming so schnell wachse, dass es den traditionellen Videospiel-Markt bei weitem überholen wird, so der Geschäftsführer Tim Merel von Digi-Capital. Der Markt werde jährlich um 23,6 Prozent wachsen, die Gewinnmargen seien hoch. Dabei ist auch das Transaktionsvolumen von Investoren in Entwickler von Games um 14,8 Prozent gestiegen.
Grund genug, sich auch in der Schweiz nach dem Potenzial von „Serious Games“ und neuartigen Spielen zu erkunden: Matthias Sala vom Internet-Startup Gbanga hat sich auf die Entwicklung von Games in der Schweiz spezialisiert. Er hat sich dabei auch auf ein neues Spiel-Genre, den so genannte „Location-based Gamings“ spezialisiert (Startwerk.ch berichtete). Dort kann die Spielhandlung auf den Standort des Spielers angepasst werden. Des weiteren ist Sala im Vorstand des Schweizer Computerspiel-Entwickler-Verbands SGDA. „In der Schweiz gibt es zahlreiche Kreativteams und kleine Agenturen, die sich mit Games beschäftigen und auch international agieren. Wir möchten diesen eine Stimme und ein Netzwerk geben“, sagt Sala.
Schweizer Apps haben Millionen von User
Der Verband SGDA möchte aufzeigen, dass in der Schweiz ein wachsender Markt für Games besteht: „Die Unterhaltungsindustrie, aber auch die Kreativindustrie hatte in der Schweiz lange einen schweren Stand – auch bei Investoren“, sagt Sala. Die Presse habe negativ über das Gamen geschrieben: Es mache gewalttätig und einsam. Dabei gebe es in der Schweiz einzelne Personen, die Apps entwickelt haben, die jetzt Millionen weltweit spielen, so Sala. So etwa der Gewinner des Best of Swiss Apps. Sein App Liquid Sketch sei beispielsweise weitaus mehr als etwa die Gewinner der anderen Kategorien herunter geladen worden, erklärt Sala. Der Gewinner Tobias Neukomm habe dieses App während seinem Studium entwickelt. Der Markt bei klassischen Spielen wie Playstation und X-Box ist alleine in der Schweiz ein Geschäft von 200 Millionen Franken jährlich. Das Geschäft mit digitalen Spielen auf Mobile Devices macht im Vergleich erst einige Prozent aus. „Es gibt immer mehr Nischenmärkte in der Schweiz für Games, die auch Abnehmer finden“, sagt Sala. Wie etwa Train Fever, ein Modelleisenbahn-Simulator, der 250 000 Euro von Kleinlegern per Crowdfunding finanziert bekommen hat.
Wie kann man Gamen in die Unternehmens-DNA integrieren
Die Game-Industrie in der Schweiz beginnt sich spürbar zu professionalisieren, meint Sala. Konkrete Finanzierungsmodelle für dieses Geschäftsfeld fehlen aber noch. Viele Entwickler stellen ihre Spiele online und schauen, wie die User reagieren. Serious Games wird als B2B-Industrie betrachtet – mit einem grossen Potenzial. „Immer mehr Unternehmen überlegen in ihrer Firmen-DNA, wie sie ihre Produkte, Dienste und Abläufe spielerischer angehen können“, sagt Sala. Sei das eine Versicherung, ein Therapiezentrum oder eine Supermarktkette. Sala’s Startup Gbanga hat Kunden wie etwa das Bundesamt für Gesundheit. Dafür haben sie ein Spiel für Alkoholprävention entwickelt. „Ein solches Spiel wird von Zielgruppe eher angenommen als eine Broschüre“.
Das Potenzial sei gross, behauptet Sala. „Serious Games“ haben immer definierte Ziel: Die Aufmerksamkeit zu fördern, Wissen spielerisch erarbeiten oder die Konzentration zu stärken, sei das beim Training eines Lokomotivführer oder bei Rechenaufgaben für Primarschüler. In der Schweiz gebe es laut Sala ein Bedarf bei Grossunternehmen wie Banken und Versicherungen. „Sie können Serious Games bei der internen Schulung, bei der Ansprache ihrer Kunden oder zur Imageförderung verwenden“. Dabei würden Spiele eben mittlerweile tatsächlich als „seriös“ betrachtet und hätten ihr „anrüchiges“ Image abgelegt. Ein weiteres Potenzial bieten Kulturinstitutionen wie Museen, Ausstellungen, Events oder Edukation wie beispielsweise Xenegugeli von Roland Zoss und Bitforge. Durch Mobile Devices wie iPhone und iPads sei das Spielen auch zugänglicher geworden für Leute, die sich nie eine Playstation gekauft hätten, so Sala.
Gamen findet Eingang in die Geschäftsleitung
Sala hat in den vergangenen Monaten einige Anfragen von innovativen KMUs, Pharmaunternehmen, Versicherungen oder Banken erhalten. „Es hat ein Wandel stattgefunden. Gamification hat Eingang in die Geschäftsleitung von Grossunternehmen gefunden“, sagt er. In den USA sei dieses Vorgehen schon ausgereifter – zahlreiche Unternehmen sprechen ihre Kunden dort mittels Spiele an. Gamification, E-Learning, Serious Games – all diese Begriffe werden in Zukunft noch bedeutendere Schlagworte bei der Kommunikation und im Marketing von Unternehmen, ist Sala überzeugt. Zudem sei die Entwicklung von Games dank produktiven Tools und Open Source-Programmen weitaus günstiger geworden und bieten deshalb auch Möglichkeiten für Startups, in dieses Feld einzusteigen.