Der Zürcher Beat Menzi betreibt mit Bike Butler ein umweltfreundliches und augenfälliges Startup in Zürich: Er bietet mit seiner Flotte von inzwischen vier Rikschas emissionsfreie Stadtrundfahrten und Taxi-Dienste an – als Reisender kennt man diese Rikschas aus ausländischen Metropolen. Im Interview erklärt er sein Konzept.

Gastbeitrag von Karin Rechsteiner, IFJ

Beat Menzi von Bike Butler

Beat Menzi von Bike Butler

Beat Menzi, wie sind Sie ins Unternehmertum gestartet?
Im Jahre 2012 startete ich alleine und mit einer einzigen Rikscha. Im ersten Jahr reichten die Einnahmen knapp zum Überleben, die Perspektiven waren aber sehr günstig. Ich investierte viel Zeit in die Zusammenarbeit mit Hotels, in unsere Internetpräsenz und leistete allgemeine Aufbauarbeit. Im Jahr darauf konnte ich bereits die ersten Früchte ernten. Es braucht Zeit, aber wir sind auf gutem Weg und haben inzwischen vier Rikschas. Man muss jedoch vorsichtig sein, dass man die Bilanz nicht nur wirtschaftlich zieht, sondern sich auch fragt, was man menschlich gewinnt und hier fällt die Bilanz äussert positiv aus.

Was wir Sie fragen müssen: Wie kamen Sie auf die Idee?
Ich arbeitete schon lange im Büro, schaute zu lange in den Bildschirm und sehnte mich zurück nach zwischenmenschlichem Kontakt, nach der frischen Luft. Ich sah die Rikschas in anderen europäischen Grossstädten und habe mir durch meine früheren Tätigkeiten ein kleines finanzielles Polster aufgebaut, das mir erlaubte, die Idee ein Jahr lang zu testen. Ich war also nicht unter dem Druck, dass ich von Anfang an den nötigen Umsatz erzielen muss. Ich sah zahlreiche Rikschas in Florenz, Paris, Berlin und vor allem London. Und da London auch nicht berühmt für schönes Wetter ist, dachte ich mir, wenn es dort funktioniert, gäbe es durchaus eine Chance, dass es auch in Zürich klappen könnte.

Die Rikscha ist nun das eine. Das Wort „Butler“ etwas anderes. Wie kamen Sie auf diese Idee?
Es ist der Bezug zur Dienstleistung, der zu diesem Namen führte. Nicht ich stehe im Vordergrund, sondern die Leute, die in der Rikscha sitzen. Ich bin derjenige, der leistet und die Dienstleistung erbringt, daraus entstand die Butler-Idee. Die Idee mit dem Trikot (Anm. der Red.: Beat Menzi trägt ein Trikot mit aufgedrucktem Anzug mit Fliege), nennen wir es überspitzt „Corporate Design“, entstand aus folgenden Überlegungen: Ich wollte nicht zu leger wirken und auch nicht zu sportlich. Ich wollte also nicht im Velo-Renndress unterwegs sein. Dennoch braucht es Funktionskleidung, dass man nicht nach der ersten Rundfahrt bereits streng riecht. Ich bekam vor Jahren ein ähnliches Shirt geschenkt und immer wenn ich es trug, stiess ich auf positives Echo. Und zusammen ergibt das den Bike Butler, eine schöne Wortkombination, welche man sich auch gut merken kann.

Die Rikscha von Bike Butler

Die Rikscha von Bike Butler

Welche Dienstleistungen bieten Sie genau an?
Vom Einkommen her betrachtet sind es drei verschiedene Dienste. Erstens ist die Rikscha ein mobiler Werbeträger. Zweitens ist der reine Fahrbetrieb aufgeteilt in Rundfahrten und Events. Das sind vor allem Hochzeiten, Geburtstage, Polterabende, Shuttle-Service für Firmen oder Festspiele. Und als Drittes kommen die Taxifahrten hinzu. Bei all unseren Services geht es jedoch letztendlich darum, nicht einfach einen Transport anzubieten, sondern ein Fahrerlebnis. Zwischen dem Punkt A und dem Punkt B soll sich mehr abspielen, als dass man sich bewegt. Wir legen Wert auf die Kommunikation, wir nehmen uns Zeit, uns mit unseren Gästen zu unterhalten. Ich bin ein Einheimischer, ich spreche im Gegensatz zu vielen Taxifahrern in Zürich Deutsch und weiss, was läuft in der Stadt. Diese Begegnungen und Gespräche sind genau so wichtig, wie die Fahrt selber.

Sie bieten bei ihrer Rundfahrt noch eine „Zusatzleistung“ an: Sie erklären Ihren Gästen die Stadt, ihre Orte und ihre Geschichte.
Wenn ich selber in einer fremden Stadt bin und eine Rundfahrt buche, möchte ich auch eine Erklärung von dem bekommen, was ich sehe. Ich  persönlich mag keine Sightseeing-Busse, in welchen mir eine Computerstimme auf sieben Sprachen erklärt, was ich sehe. Ich habe es lieber, wenn ein Mensch mit mir spricht und ich auch Rückfragen stellen kann. Auf den Rundfahrten per Rikscha finde ich es wichtig, den Besuchern zu erklären, was sie sehen: Wer die Statue darstellt und warum sie dort steht oder was der geschichtliche Hintergrund der passierten Gebäude ist. Ich stelle zudem fest, dass die Besucher dieses Wissen sehr schätzen.

Wer sind Ihre Kunden?
Unsere Kunden sind zu 80% Schweizer, sowohl bei den Taxi- als auch bei den Rundfahrten. Ich stellte mir den Anteil der, nennen wir sie „echten“ Touristen, höher vor, aber es ist schwierig an ausländische Touristen heranzukommen. Einerseits ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer mit 1,5 Tagen in Zürich nur kurz. Zudem reisen viele in Gruppen mit einer eigenen Reiseleitung und aus der Gruppe löst man keine Kunden für eine Rikschafahrt. Dazu kommt, dass der Touristenbus in Zürich, den es seit 20 Jahren gibt, gut in der Stadt verankert ist.

Wie arbeiten Sie mit Betrieben, die Touristen beherbergen und betreuen, zusammen?
 Für einen kleinen Service wie den unseren ist es schwierig, mit den Hotels zusammenzuarbeiten, da wir ihnen mehr Aufwand verursachen. Die Hoteliers können ihren Gästen nicht einfach einen Prospekt in die Hand drücken, genau so wenig gibt es fixe Abfahrtszeiten für die Rundfahrten. Man muss mich also anrufen und einen Termin vereinbaren. Natürlich arbeite ich mit Zürich Tourismus zusammen, aber das ist auch eine profitorientierte Organisation und ich müsste Gold-Mitglied sein, damit sie meine Dienstleistung aktiv bewerben würden. Ich komme nur zu Kunden, wenn die Gäste die Rikschas in der Stadt gesehen haben oder bei ihrer Recherche darauf gestossen sind und direkt danach fragen. Interessanterweise buchen viele Zürcher eine Rundfahrt, gerade die Rundfahrten durch Zürich West mit den Kreisen vier und fünf sind beliebt. Die Leute kennen das Gebiet aus den Medien und möchten sich das mal ansehen, wissen aber nicht so genau, wo sie hin sollen. Mit der Rikscha kann man das alles gut abfahren, ich kann erklären, welche Firmen in welchem Gebäude beheimatet sind, wann es gebaut wurde usw.

Wie betreiben Sie Marketing und Neukundengewinnung?
Ich hatte von Anfang an eine eigene Homepage. Und ich lancierte auch vorprogrammierte Rundfahrten. Gerade bei den Stadtbesichtigungstouren muss man den Gästen eine Idee davon vermitteln, was es zu sehen gibt. Ich habe mich nach einem halben Jahr zudem darum bemüht, dass ich bei Geschenkportalen präsent bin. Diese Portale laufen sehr gut und bringen mir viele Kunden. Nach ein paar Monaten sagte mir zudem jemand, ich müsse Facebook beitreten. Inzwischen hat sich eine kleine Fangemeinde etabliert und das bringt auch immer wieder ein paar Fahrten.

Generieren Sie aus Ihren Aktivitäten auf Facebook tatsächlich Kunden?
In relativ bescheidenem Masse ja. Facebook ist ein Kommunikationsmittel, das viele Leute benutzen. In der heutigen Zeit ist es schwierig, Marketing alleine mit Worten zu betreiben. Facebook ist ein Medium, wo ich versuche mit Bildern zu arbeiten. Ich poste Fotos von den verschiedenen Anlässen, um unser vielfältiges Angebot aufzuzeigen. Aber es ist auch ein Kommunikationsmedium, Ziel ist, dass Leute die mitgefahren sind, nicht einfach nur „like“ drücken sondern ihr Erlebnis teilen und weitererzählen.

Auf Ihrer Webseite bin ich auf zwei Worte gestossen: Emissionen und Entschleunigung.
Es gibt viele Leute, die fahren mit der Rikscha und sagen, das wäre wie ein kurzer Moment Ferien. Ich selber bin ein überzeugter Velofahrer und ein Grüner. Ich möchte etwas anbieten, was nicht stinkt, nicht raucht und keine Energie braucht. Das ist mein Beitrag zu einer ein bisschen besseren Welt. Und zur Entschleunigung: Die Fahrt auf der Rikscha verläuft in angenehmer Geschwindigkeit, die Leute haben Zeit, sich umzuschauen. Sie müssen sich nicht auf den Verkehr konzentrieren, sondern können in Ruhe die Fassaden der Häuser betrachten, an welchen wir vorbeifahren. Oder die Natur, die Limmat, den Zürisee. Und es macht keinen Lärm. Gerade bei der Fahrt am Ufer des Zürisees hat dieses geräuschlose Dahingleiten etwas Entspannendes. Das schätzen die Leute sehr – und ich auch.