Neue Arbeitsformen gewinnen an Beliebtheit. Benny Hertach, Gründer der Handwerkerplattform Ofri, experimentiert seit vier Jahren mit Remote-Work. Seine Mitarbeiter wählen den Arbeitsort selbst und treffen sich einmal jährlich zu einem Company-Retreat. Bei Remote-Work liegt der Fokus auf dem Arbeitsresultat des Mitarbeitenden und nicht auf seiner Präsenzzeit.
Aufs Pendeln verzichten, im Coworking arbeiten oder die Kinder nachmittags in den Schwimmkurs begleiten? Was für viele wie ein Traum klingt, ist für das vierköpfige Team von Ofri Realität. Sie bestimmen ihren Arbeitsort und die Arbeitseinteilung frei.
Resultat wichtiger als Präsenz
«Mir ist das Resultat der Arbeit wichtig. Wann und von wo meine Mitarbeitenden arbeiten, spielt mir keine Rolle», leitet Benny Hertach, Gründer der Handwerkerplattform Ofri, ein. Seit 2015 arbeitet das Zürcher Unternehmen komplett ortsunabhängig. Seine Mitarbeiter befinden sich derzeit in Griechenland, Polen, Spanien und der Schweiz. Als einziges setzt er voraus, dass der Zeitunterschied zum Büro in Zürich maximal zwei Stunden beträgt.
«Während den ersten vier Jahren war ich der einzige Angestellte meiner Firma. In dieser Zeit habe ich die Vorteile des selbstständigen Arbeitens schätzen gelernt. An besonders heissen Tagen, habe ich nachmittags eine Pause gemacht und abends länger gearbeitet.» Für ihn war klar, dass er seinen Mitarbeitenden dieselbe Freiheit bieten möchte. Einige Teammitglieder sind Nachteulen, andere arbeiten besser frühmorgens. Jeder wisse wann und wo er am Produktivsten ist, da möchte er nicht künstlich eingreifen.
Dokumentation und regelmässige Meetings per Webcam
Die dezentrale und asynchrone Arbeitsform erfordert eine transparente Dokumentation. Mittels Kommunikations- und Projektmanagement-Programmen wie Slack, Trello, oder Confluence können die Mitarbeitenden die Status, Ziele und anstehenden Aufgaben einsehen. Das Team trifft sich – zumindest virtuell – regelmässig. Mit dem Videokonferenz-Programm Zoom hält das Ofri-Team wöchentlich Team-und Projekt-Sitzungen ab. Auch hier werde akribisch dokumentiert, erklärte seine Mitarbeiterin Corina Burri kürzlich gegenüber Forbes.
Company-Retreat als Ausgleich
Remote-Work habe auch Herausforderungen, gibt Hertach zu bedenken: «Wir treffen uns nicht zufällig in der Kaffeeküche. Es besteht die Gefahr, dass das Arbeitsverhältnis zu steril wird.» Um dem entgegenzuwirken, hat das Ofri Team vor einem Jahr einen 15-minütigen Kulturteil in die Team-Sitzung eingebaut. Hier geht es einmal nicht um Kennzahlen-Optimierung oder Kundenbetreuung, sondern um Wochenendpläne, Serientipps und Lieblingsblogs.
Seit drei Jahren führt das Ofri Team auch jährlich ein Company-Retreat durch. Während fünf Tagen treffen sich die Teammitglieder in einer Stadt und arbeiten gemeinsam an der Produktentwicklung der folgenden zwölf Monate. Der Kulturteil kommt aber nicht zu kurz. Während anderthalb Tagen frönt das Team gemeinsam einer Freizeitaktivität. Sei es wandern in Malta, Stand-up paddeln in Lissabon oder ein Konferenzbesuch in Zürich.
Beim ersten Company-Retreat in Malta war es auch, als Silvia Piangou, Verantwortliche für den Kundenservice, ihren Vorgesetzten das erste Mal persönlich traf. «Dem ersten richtigen Treffen sah ich natürlich mit Spannung entgegen. Seit zwei Jahren waren wir täglich über Slack und Zoom in Kontakt, trafen uns aber noch nie», erzählt Piangou. «Die Spannung verflog mit dem ersten Handschlag», führt Piangou fort. Sie war erstaunt, wie gut sie ihren Vorgesetzten durch die digitale Zusammenarbeit schon kannte. «Mit dem Treffen liess sich das gegenseitige Vertrauen weiter festigen», ergänzt Piangou
Europaweit nach Fachkräften suchen
«Bei der Rekrutierung konnte ich auch Kandidaten weit weg von Zürich berücksichtigen. Der Bewerberradius vergrösserte sich, ich konnte wählerischer sein und die Personen rekrutieren, welche professionell und persönlich wirklich am besten zu uns passen», das sei für ihn der bedeutendste Vorteil aus Unternehmersicht, erklärt Hertach. Er habe die Erfahrung gemacht, dass insbesondere erfahrene Arbeitnehmende nicht bereit seien, für einen neuen Arbeitsplatz umzuziehen.
Über Ofri
Das in Zürich ansässige Unternehmen Ofri betreibt seit 2011 ein unabhängiges Handwerkerportal. Auftraggeber, wie Privatpersonen oder Verwaltungen, können auf dem Portal einen Auftrag erfassen und erhalten in der Folge mehrere Kostenvoranschläge von Handwerkern aus ihrer Region. Für Handwerker ist das Internetportal eine gute Möglichkeit neue Aufträge und Kunden zu akquirieren.