Wenn die Whiskyflasche online geht: Ein Startup möchte Konsumartikel internettauglich machen. «Evrythng» soll ein Facebook für Produkte werden.

«Das ist keine Science-Fiction», sagt Vlad Trifa, Produktchef und Mitgründer des Startups. Das junge Unternehmen Evrythng mit Büros in Zürich und London hat eine eigene Vision für das «Internet der Dinge».

Das Thema ist ein Dauerbrenner in den Technikmagazinen. Meist geht es um intelligente, vernetzte Haushaltsgeräte. So lässt sich der Backofen schon auf dem Heimweg vorheizen oder mit appgestützten Gadgets das eigene Fitnessprogramm managen. Der Hype um die schlauen Geräte ist aber nicht der Ansatz von Evrythng. Evrythng kümmert sich weniger um Geräte mit Sensoren und Internetanschluss, vielmehr wollen die Gründer des britisch-schweizerischen Startups Konsumartikeln eine digitale Identität verpassen.

Check-in für alles

Konkret heisst das, ein Facebook für Produkte. Wenn es nach dem Team von Evrythng geht, soll jeder Artikel eine eigene Onlinepräsenz erhalten. Vlad Trifas Beispiel: Ein Gitarrenhersteller. Dieser hätte eine Datenbank, in der jedes ausgelieferte Instrument verfolgbar wäre und eine persönliche Historie bekäme. «Zwei verschiedene Gitarren haben eine unterschiedliche Geschichte – das wollen wir abbilden», so Trifa. Wer hat das Instrument herstellt? Wo und aus welchen Materialien? Wer ist der aktuelle Besitzer, wer der Vorbesitzer? Das Onlineprofil dieser personalisierten Gitarre wäre gleichzeitig Andockstelle für Dienstleistungen, Informationen und Apps. Das Profil könnte den Besitzer mit Infos um lokale Schulungsangebote oder Musikläden versorgen, ihm Zubehör anbieten, eine App könnte bei Notenlernen helfen oder den Besitzer mit anderen Gitarristen plaudern lassen.

Pate steht das Prinzip Check-in, wie es bei location-basierten Diensten à la Foursquare zum Einsatz kommt. Statt per App bekannt zu geben, wo man gerade zu Mittag isst, könnten die Nutzer dereinst bei beliebigen Konsumartikeln einchecken.

 Wenn die Whiskyflasche online geht

Hinter dem jüngst lancierten Unternehmen stehen Niall Murphy (Gründer von The Cloud) und Andy Hobsbawm, die die beiden ETH-Doktoren Dom Guinard und Vlad Trifa als Mitgründer an Bord holten. Eine Startfinanzierung hat Evrythng von Atomico Ventures erhalten, der Beteiligunggesellschaft von Skype-Mitgründer Niklas Zennström. Derzeit sind die Gründer auf der Suche nach neuen Investoren. Ein erstes Pilotprojekt hat Evrythng bereits realisiert: Für einen Whisky-Hersteller verknüpfte das Startup Videogrusskarten mit QR-Codes auf den Flaschen-Labels. Dem hochprozentigen Präsent konnte der Schenkende so eine persönliche Videobotschaft mitgeben, die sich online betrachten liess.

Unternehmen möchten die Gründer ihre Idee mit neuen Marketingmöglichkeiten schmackhaft machen. Loyalitätsprogramme, Marktforschung und Sales sollen laut Vlad Trifa eng ans Produkt geknüpft werden. Hersteller hätten einen neuen Kommunikationskanal, um ihre Kunden zu erreichen. Diesen verspricht das Startup im Gegenzug weniger Spam und Chance auf nützlichere Informationen, was im Einzelfall aber wohl vom Verhalten der Unternehmen abhinge.

Technisch möglich werden die Onlineprofile für alles von der Gitarre bis zum Whisky durch ein Datenbanksystem. Das soll künftig per QR-Code oder NFC-Chip den Brückenschlag zwischen der digitalen und den physischen Welt vollziehen. Statt Registrierung per Formular käme dann Scannen des Codes oder Chips am Produkt; zum Beispiel mit dem eigenen Smartphone.

Das Gebiet werde bisher kaum verstanden, darum gehöre viel Beratung von Kunden zum Tagesgeschäft bei Evrythng, so Trifa. Das Startup aber sieht sein künftiges Geschäftsmodell als Software-as-a-Service und will Marketingagenturen als Partner gewinnen, die sich um die Konzepte kümmern sollen. Zurzeit rühren die Gründer die Werbetrommel, um Unternehmen für Projekte zu gewinnen.