Kunden gewinnen als B2B-Startup: Unser Gastautor erklärt in sechs Tipps, welche Erfahrungen er in der Praxis gesammelt hat.

Gastbeitrag von Alexander Mahr, Mitgründer MountainDayz

Es gibt wahrscheinlich gefühlt mehr Consumer-Internetstartups als Startups mit B2B-Positionierung. Dennoch müssen auch Consumer-Internetstartups oft B2B-Sales machen, z.B. im Einkauf für E-Commerce Startups oder im Business Development für Vertriebsmodelle. Doch als Startup ohne überzeugende Argumente, wie Millionenumsätze oder hohe Nutzerzahlen, ist das Finden von Partnern oft schwierig – auch das ist «Sales». Insbesondere, wenn man ein neues und unbekanntes Produkt hat, noch nicht online ist und noch es noch keine Erfolge zu verzeichnen gibt.

Wie andere Startups vor uns, haben wir eben dies mit MountainDayz durchlebt. An dieser Stelle vielen Dank an alle, die uns hierzu Tipps gegeben haben – vieleicht helfen unsere Erfahrungen anderen weiter. Ich schlage ein 6-Punkte-Programm vor, das meiner Erfahrung nach sowohl bei Kunden- als auch bei Partner-Akquise Sinn macht:

1. Verstehe das Ziel

Grundsätzlich muss das Geschäftsmodell des Partners verstanden sein – das klingt trivial, aber innerhalb einer vermeintlich einheitlichen Kundengruppe, kann ein Geschäftsmodell durchaus unterschiedliche Facetten haben. Und andere Pain Points, die es zu lösen gilt. Ein Beispiel aus unserem Markt: grosse Bergbahnen haben vielleicht schon einen proprietären Online-Vertriebskanal, während dieser kleineren Bergbahnen bisher aufgrund der hohen Kosten verschlossen blieb. Beide haben daher unterschiedliche Bedürfnisse was ihren Online-Vertrieb angeht. Kann man eine Lösung für ein spezifisches Problem präsentieren, macht ein Kontakt Sinn und man hat eine Gesprächsbasis.

2. Teste den Ansatz

Es ist durchaus ratsam, sich 2-3 Ansätze zu überlegen, wie man den Partner oder den Kunden angeht: Schreibt man eine E-Mail oder ist ein „Cold Call“besser? Da gibt es unterschiedliche Präferenzen und Erfolgsquoten in verschiedenen Industrien. Dies gilt es mit einer Gruppe zu testen, um es dann richtig bei allen anzuwenden.

3. Adressiere die richtige Person

Wir haben es bei MountainDayz vielfach gemacht und es bringt einfach nichts: mit der falschen Ansprechpartnerin oder dem falschen Ansprechpartner zu sprechen. Wenn Verantwortliche mit einem Thema betraut sind, muss das nicht heissen, dass sie auch entscheiden dürfen. Ist man in einem solchen Gespräch, gilt es, ein Follow-up mit einem Entscheider zu bekommen. Wird das Angebot intern weiter geleitet, kommt es oft zu keiner positiven Entscheidung, da niemand seine Idee so überzeugend rüber bringt, wie man selbst. Im besten Szenario kann man sein Thema „von oben einkippen“, d.h. direkt mit der Geschäftsführung sprechen (also: eigenes Netzwerk für Kontakte abklopfen).

4. Rock das Meeting

Klar: man bekommt nur ein Meeting und überzeugt, wenn man gut vorbereitet ist und einen strukturierten Ablauf bieten kann. Hat man einen Wunschkunden oder -Partner im Visier, sollte man vorher schon ein paar Gespräche mit anderen Partnern geführt haben. Für Experimente ist hier kein Spielraum.

5. Schliess den Deal oder definiere ein Follow-up

Es braucht oft nur ein Meeting – entweder ist die Person überzeugt oder eben nicht. Idealerweise unterzeichnet man gleich einen LOI (letter of intent) oder definiert einen klaren nächsten Schritt. Ist der Ausgang des Meetings offen, ist das meist ein klares Zeichen, dass man keinen Erfolg hatte.

6. Mach es schriftlich

Leider nicht selten erlebt: Auf mündliche Zusagen kann man sich nicht verlassen, nur das geschriebene Wort zählt. Steht das Vertragswerk bei einem Startup noch nicht, ist ein LOI absolut ausreichend. Das ist zwar rechtlich nicht bindend, aber die Absicht ist konkretisiert und es gibt keine Ausreden.

In der Rubrik Startup-Diary schildern Jungunternehmer regelmässig, mit welchen praktischen Problemen sie in ihrem Gründeralltag konfrontiert werden und welche Lösungsansätze sie gefunden haben.

Nach wie vor glaube ich, dass B2B-Sales eine schwierige Disziplin sind. Wenn ein Geschäftsmodell stark davon abhängt, ist es sehr zu empfehlen, einen Mitgründer mit Industrieerfahrung oder zumindest einen starken Mentor und Business Angel aus der Industrie für das Thema zu gewinnen. Gerade als junges Startup ist dieses „Türen öffnen“ wertvoll.

Aber was macht man, wenn man keinen Branchenspezialisten mit an Bord hat? Wir hatten bei MountainDayz recht guten Erfolg mit zwei Taktiken:

  • Das Geschäftsmodell so einfach wie möglich machen (keine technische Integration – technische Ressourcen sind auch beim Kunden rar, keine Setup-Gebühr, keine Grundgebühr für Basisdienstleistungen etc.). Es auszuprobieren muss so absolut risikolos sein.
  • Ein bis zwei innovative „Leuchtturm“-Kunden gewinnen – jedes weitere Gespräch ist dann viel einfacher. Grosse Marken sind in den Köpfen der Leute drin, wenn eine starke Marke bei einem innovativen Konzept mitmacht, gibt das ein Signal an die anderen. Es gibt eine gewisse Sicherheit.

Und: Wie wahrscheinlich in jeder Branche, gibt es den einen oder anderen Kunden oder Partner, der nicht der erste sein will und einfach mal für einige Zeit abwarten möchte, wohin sich der Markt entwickelt. Auch gut, wir bleiben dran!

Alexander Mahr ist Mitgründer und Geschäftsführer des Deutsch-/Schweizerischen Startups MountainDayz. Zuvor hat er in M&A-, Business Development- und Strategie-Positionen für PubliGroupe und Swisscom gearbeitet.