Judith Bellaiche (glp-Kantonsrätin, ZH) hat ein Ohr für Startups. Sie kämpft momentan mit weiteren Mitstreitern gegen die neue Steuerpraxis im Kanton Zürich. Nach der Medienkonferenz zum Thema #StartupSteuer im Zürcher Rathaus am Montag, welche ein enormes Medieninteresse auslöste, wollten wir weitere Details über ihr Engagement in der Zürcher Startup-Szene erfahren.

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Kantonsrätin Judith Bellaiche gefällt die Dynamik und Unkompliziertheit der Startups. Doch beim Thema #StartupSteuer «braucht es Hilfe auf politischer Ebene.» (Bild: zvg.)

Was hat Sie dazu gebracht, sich gegen die Strafsteuer für Zürcher Hightech-Startups zu engagieren?
Als Politikerin finde ich die widersprüchliche Wirtschaftspolitik, die der Regierungsrat zurzeit betreibt, unsäglich. Ich bin Wirtschaftspolitikerin und setze mich für die Zukunft des Innovationsstandort Zürich ein. Als ich erkannt habe, dass diese Steuerpraxis zu sehr viel Besorgnis bei den Startups geführt hat, habe ich mich entschieden, mich engagiert einzubringen. Man muss aber auch erwähnen, dass die Startups im Vorfeld einiges geleistet haben. Doch nun braucht es Hilfe auf politischer Ebene. Die Startups haben meine Hilfe sofort angenommen und gut zusammengearbeitet. Zum Glück ist ihr Anliegen nun in weiteren politischen Kreisen durchgedrungen.

Was stört Sie besonders an dieser neuen Steuerregelung?
Sie besteuert einen Erfolg, bevor er eingetreten ist. Die Jungunternehmer leisten einiges, gehen viel Risiko ein und zahlen sich einen Minimallohn. Und trotzdem müssen sie Steuern auf einen Erfolg zahlen, der vielleicht gar nie eintreten wird. Das ist extrem ungerecht. Niemand sollte sich eine solche Steuerpraxis gefallen lassen.

Was wollen Sie mit Ihrer Motion erreichen?
Mit der Motion wollen wir zurück zur Praktiker-Methode, so dass die Startups nach Substanz- und Ertragswert besteuert werden. Und nicht nach fiktiven Werten, die das Steueramt als Bemessungsgrundlage genommen hat.

Mit Ihrem Engagement haben Sie die Startups im Kanton Zürich besser kennengelernt. Was beeindruckt Sie besonders?
Mir gefällt die Dynamik und Unkompliziertheit der Startups. Die Zusammenarbeit mit ihnen ist zwar eher zufällig entstanden, doch ich empfinde sie als sehr angenehm. Es freut mich besonders, dass obwohl die Startups eine Grosszahl an eigenen Hürden und Herausforderungen zu meistern haben, trotzdem die Zeit finden, für den Standort Zürich zu kämpfen.

Haben Sie herausgefunden, wer diese Strafsteuer ausgeheckt hat und warum sich Regierungsrat Stocker dafür stark macht?
Ich kann Herrn Stocker nicht verstehen. Ich habe das Gefühl, dass er falsch beraten ist. Ausserdem kenne ich ihn noch aus seiner Zeit als Volkswirtschaftsdirektor. Da hat er sich voll und ganz für Innovation engagiert. Nun aber als Finanzdirektor ist er in eine Position geraten, die für ihn wohl schwierig ist. Ich bin zuversichtlich, dass Regierungsrat Stocker einlenkt. Doch muss man bis dahin den Druck aufrechterhalten.

Kennen Sie selbst ein Startup, das von den astronomischen Steuern betroffen ist?
Persönlich nicht. Aber im politischen Aufruf habe ich etliche Testimonials von Startups gelesen, die ihre Situation darstellen und mit dem Gedanken spielen, Zürich zu verlassen. Das Steueramt behauptet ja, dass bis heute kein Startup sich bei ihnen gemeldet habe, dass in solch einer Situation geraten sei. Denen möchten wir damit eine Plattform bieten.

Wie beurteilen Sie die Chancen, dass der Kantonsrat die neu eingeführte Steuerpraxis rückgängig machen kann?
Ich stelle fest, dass Sympathien für Startups beim Kantonsrat durchaus vorhanden sind. Das zeigt auch das dringliche Postulat, das die Bürgerlichen eingereicht haben. Die Chancen stehen gut. Das Hauptproblem ist aber die Zeit, die uns davonläuft. Wie wir wissen drehen politische Mühlen sehr langsam. Es wird Jahre dauern, bis hier Klarheit herrschen wird. Deshalb hoffe ich, dass das Steueramt noch vorher bereit ist, eine Änderung anzubringen.

Kann Herr Stocker überhaupt noch einen Rückzieher machen?
Ja, das denke ich. Ich persönlich finde, dass Ernst Stocker ein hervorragender Politiker ist. Er ist nicht festgefahren. Über kurz oder lang: Er wird etwas machen müssen.