Das Schweizer Startup Amazee kommt unter Beschuss des Buch- und Internethandels-Giganten Amazon. Jeff Bezos‘ Anwälte reklamieren im Namen der Firma eine Markenverletzung.
„Es wäre nicht konsequent, klein beizugeben“, sagt Dania Gerhardt kämpferisch – und ein bisschen trotzig: Das Schweizer Startup Amazee wird es mit dem Internet-Giganten Amazon aufnehmen.
Nicht weil Dania und Ehemann und Co-Amazee-Gründer Gregory Gerhardt das wollen, sondern weil sie müssen: Die Handelsplattform Amazon hat beim amerikanischen Markenamt Widerspruch gegen die Eintragung von „Amazee“ erhoben und verlangt die Löschung der Marke:
Der Wille zu einer einvernehmlichen Lösung sei vorhanden gewesen, erklärt mir Gregory Gerhardt in der Hitze des (wettermässig ausgeflippten) 20. April in San Francisco, wo die Gerhardts an zwei Konferenzen teilnehmen. Amazon hatte nämlich schon gegen die Marke „Amazee“ in der Schweiz vorgehen wollen – dabei aber die Widerspruchsfrist verpasst. In Gesprächen mit einer Vertreterin der Markenabteilung von Amazon, sagt Gregory, waren indes nach der Anmeldung der Marke in den USA Zeichen für eine Lösung sichtbar.
„Erstens haben ‚Amazee‘ – eine Ableitung des Wortes ‚amazing‘, ‚erstaunlich‘, und ‚Amazon‘, englisch für ‚Amazonas‘ nach dem Südamerikanischen Fluss – zwei völlig verschiedene Wortstämme. Und zweitens liegen unsere Geschäftsbereiche weit entfernt von dem, was Amazon im Internet tut“, sagt Greg.
Wobei dieser Punkt angesichts des in alle Richtungen wuchernden Imperiums des einstigen Buchhändlers weniger eindeutig ist als die Namensgebung. Kaum jemand ausser Amazon hingegen dürfte bezweifeln, dass eine Verwechslungsgefahr der beiden Firmen praktisch nicht existent ist. Im Moment wirkt der Bücherfluss allerdings eher wie eine weitere Interpretation seines Namens – wie eine Vertreterin des matriarchalisch-kriegerischen Volks aus der antiken Mythologie.
Die ursprünglich in Aussicht gestellte Lösung hätte die Unterscheidung der beiden Marken in der Zweckgebung eindeutiger festgehalten und Amazee damit praktisch gehindert, eine Konkurrenz von Amazon zu werden – was ohnehin nie geplant war. Dass einvernehmliche Lösungen möglich sind, haben wir selber nach dem Zusammenstoss mit Xing – allerdings nur aufgrund der Markenfarben, nicht des Namens – mit netzwertig.com gelernt.
Aber nach ersten Gesprächen habe Amazon aus den USA plötzlich verlauten lassen, man halte an der Markenlöschung fest. In Luxemburg dagegen hatte sich schon gar niemand auf die Gesprächsversuche aus Zürich gemeldet.
Marken müssen, um internationalen Schutz zu geniessen, zuerst in ihrem „Heimatland“ eingetragen werden, bevor sie in andern Märkten gemeldet werden können, klären mich die Gerhardts auf. Dabei gibt es Fristen, während derer gegen eine Marke genauso wie gegen ein Patent Einspruch erhoben werden kann.
Amazon hat entweder in der Schweiz die Termine verschlafen – oder absichtlich auf die Eintragung der Marke in den USA gewartet, was den Druck auf das kleine Startup in der Schweiz erhöht. Denn erstens hat Amazee bereits einige Ausgaben für die Eintragungen gehabt, zweitens ist das Verfahren in den USA schwieriger zu handhaben und schnell mit hohen Kosten verbunden, und drittens ist der Schutz der Marke in den USA absolut wesentlich. Würde Amazon in den USA mit dem Widerspruch durchkommen, könnte der Internet-Gigant das „Urteil“ des amerikanischen Markenregisteramtes in der Schweiz für eine Zivilklage als Präjudiz anführen.
Warum also so viel riskieren und nicht einfach den eigenen Namen ändern, so lange er noch nicht ganz so bekannt ist und der Schaden sich im Rahmen halten lässt? „Weil es inkonsequent und ganz einfach das Falsche wäre“, sagt Dania. Die Plattform Amazee stehe für die Kollaboration der Menschen in einem neuen Zeitalter, ermächtigt durch Technologie. Da würde es schlecht passen, wenn sich das kleine Startup sofort dem Druck der Giganten beugt, auch wenn man überzeugt ist davon, im Recht zu sein. „Wir müssen uns wehren, wenn eine Firma plötzlich Anspruch auf alles erhebt, das mit den Buchstaben A-M-A-Z beginnt“, sagt Gregory.
Das stimmt, ändert aber nichts daran, dass die Geschichte enorme Kosten verursachen kann – und wenn Amazee wider Erwarten verliert, wird das Startup die Kosten des Gegners übernehmen müssen.
Die sind allerdings derzeit noch das kleinere Übel, denn das Verfahren liegt noch nicht vor einem Zivilgericht, wo irgendwelche Schadenersatzforderungen geltend gemacht werden können, mit denen im amerikanischen Rechtssystem häufig der Gegner aus dem Spiel gedrängt wird. Wenn Amazee im überschaubaren Verfahren des Markenamtes gewinnt, liegen die Chancen für Amazon wesentlich schlechter, auf dem Gerichtsweg noch etwas ausrichten zu können, und der Einsatzpreis steigt.
Die Amazee-Gründer hoffen, dass es so weit gar nicht kommt und Amazon den Angriff abbläst. Sie suchen die Unterstützung ihrer Community in einem eigens dafür gestarteten Projekt auf Amazee.
Ha, kompletter Blödsinn. Da können Sie auch viel Geld in die Hände nehmen, rechtlich können die Amazee nicht belangen. Sagt lieb Danke, das ist (hoffentlich kostenlose) Werbung!
@david
Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Da würd ich jetzt nicht wirklich das Urteil vorwegnehmen.
@amazee
Keine Ahnung was ihr in eurem Startup eigentlich tut. Wenn ihr euch aber lange genug gegen Amazon wehren tut werde ich das sicher noch irgendwo lesen. Viel Erfolg.
AMAZON, AMAZEE … es erstaunt, wie überrascht sich Amazee nun gibt. Andere erkannten die Problematik schon früher:
(http://www.deutsche-startups.de/2008/05/30/amazee-setzt-auf-projekte/#comment-13859)
@Christian Leu: Amazee ist eine Plattform für social collaboration, d.h. für die Umsetzung von Projekten in Gruppen. Schau einfach mal vorbei! ;)
@mds: Das Entscheidende ist doch: Die beiden brand names kommen von verschiedenen Worten, außerdem hat Amazon den viel höheren Bekanntheitsgrad. Das Putzmittel Ajax und den Verein aus Amsterdam verwechselt ja auch niemand, und da ist der Name sogar identisch.
Na dann mal viel Spaß, das war ja abzusehen. 3 Silben davon 2 , 6 Buchstaben, davon 4 identisch. Egal woher die Worte kommen, bedeuten ect. eine starke ähnlichkeit ist gegeben. Wer so naiv ist es auf einen Rechtsstreit ankommen zu lassen hat definitiv zu viel Geld. Niemand wird es kümmern wenn amazee sich umbenennt. Die nötige Publicity hätten sie ja jetzt um davon auch noch zu profitieren. Aber so wie die beiden aussehen gehts Ihnen ums Prinzip. Wird also noch lustig.
http://www.deutsche-startups.de/2008/05/30/amazee-setzt-auf-projekte/
@mds @mathias möller
Da gebe ich Mathias inhaltlich schon recht, auch wenn rechtlich schon viel machbar ist – Apple udn Google gehen auch gegen alle vor, die alles andere als Telefone oder Suchmaschinen sind.
Ich denke zu beachten ist folgendes:
– die USA hat eine ganz andere Rechtslage als in CH/D und somit ist ein Case alleweil voraussehbar gewesen (für Amazon zumindest)
– alle, die English als Muttersprache sprechen, haben sicherlich nicht einen ganz anderen sprachlichen Zusammenhang zwischen Amazee und Amazon, wobei ein Amerikaner sicherlich andere Assoziationen zwischen den zwei Worten zieht. Ob das nun für Amazon oder Amazee spricht, kann ich nicht beurteilen
– die wollen euch finanziell einfach klein machen und ihr habt die PR. Haltet durch, wenn’s geht. Gmail hat’s in D dank einem internen Fehler bei Google geschafft.
Kommentare, dass die PR Grund für die Namensgebung war, finde ich peinlich – in China ok, hier… ach bitte.
Marken muss man nicht zuerst zuhause anmelden. Man kann’s dort machen, wo man will, solange die Anforderungen (u.a. Nutzung) erfüllt sind. Mindestens war’s noch vor wenigen Jahren so.
Bei der Abwägung des Falls muss man bedenken, dass Markenrecht nicht auf dem operiert, was sich der Erfinder beim Wort gedacht hat, sondern wie das Endresultat wirkt, und zwar auf die breite Masse. Der Hinweis auf unterschiedliche Wortstämme usw. ist daher wenig wert, solange vier Buchstaben am Stück übereinstimmen. Dieses Problem wird allenfalls noch verschärft, wenn man seine Marke in dieselben Klassen eintragen lassen will, wie sie der vermeintliche Konkurrent schon besetzt hält. Da wird die Luft sehr dünn…
Dass es zu einem Widerspruch kommt, damit muss jeder, der eine Marke eintragen will, rechnen. Deshalb gilt es im Vorfeld mit spezialisierter Hilfe zu prüfen, ob es zu allfälligen Kollisionen kommen kann und welches Risiko einem entsteht. Daraufhin muss man sich fragen, ob einem die Marke das Risiko wert ist oder man sich lieber einen anderen Namen sucht.
Übrigens ist man auch nach einer erfolgreichen Eintragung nicht vor Ärger gefeit. Wenn jemand seine Rechte verletzt sieht, kann dieser klagen, was schnell teurer wird als ein simpler Widerspruch während der Eintragung. Deshalb ist eine sorgfältige Prüfung der Marke vorab unabdingbar.
Kann David nur zustimmen. Willkommener Publicity Stunt? Sonst geht ja nicht gerade viel, bei Amazee.
Namensstreit: Amazon greift Amazee an » netzwertig.com
Es ist definitiv schon vorgekommen, dass ich im RSS-Reader „Amazon“ las und erst bei näherem Hingucken erkannte, dass „Amazee“ dort stand. Ganz so verwunderlich finde ich Amazons Reaktion also nicht.
Was viele Leute immer unterschätzen: Zumindest im amerikanischen Markenrecht gilt die Regel „Use it or lose it“. Ein Markeninhaber muss seine Marke nicht nur aktiv benutzen, um sie dauerhaft zu schützen, sondern sie auch aktiv gegen mögliche Verletzungen verteidigen.
Selbst wenn Amazon die Sache mit Amazee eigentlich herzlich egal wäre (was ich mir durchaus vorstellen kann), müssen sie gegen die Firma vorgehen. Sonst könnte beim nächsten möglicherweise wichtigeren Fall (falls mal jemand z.B. einen Onlineshop unter dem Namen Amazong.com aufmacht) der Beklagte vorbringen, dass Amazon ja in ähnlichen Fällen seine Marke auch nicht verteidigt hat und damit offensichtlich nicht wirklich daran interessiert ist. So albern es auch sein mag: Das ist zumindest für US-Firmen durchaus ein wichtiger rechtlicher Grund, sehr aggressiv gegen alle potentiellen Markenverletzungen vorzugehen.
Danke für die Erläuterung, Andreas. Ich habe darauf gewartet dass jemand diesen Punkt aufbringt und kann auch die Argumentation mit der Herleitung des Wortstamms nicht verstehen. Zusätzlich wäre wohl spätestens bei der bildhaften Ähnlichkeit der Marken der Punkt erreicht, an dem eine Klage offensichtlich würde, unabhängig vom sprachlichen Hintergrund des Betrachters. Mir hat man mal erzählt dass das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum in solchen Fällen international hoch beachtete Diensleistungen erbringt, auch zur Prävention potenzieller Konflikte durch fachkundige Recherche.
Das ist doch mal wieder typisch…
Eine Familie namens Feldbusch nennt ihr Baby Verona und macht eine Website auf…und macht dann empörte Publicity, weil also wirklich sowas von unerwartet eine Abmahnung einer gänzlich unbekannten TV-Schreckschraube eintrifft…
Ein Startup nennt sich Amazee wo es in München schon das Imax-Kino gab, das sich Amazeum nannte und von Amazon in den Bankrott geklagt wurde. Und nun sagen alle, nein, das war aber nicht beabsichtigt und das hat man nicht wissen können.
Wenn Amazon in Amerika nicht durchkommen, dann klagen sie halt am Landgericht Köln. Da geht das immer durch. Da müsst auch Ihr Schweizer bluten. Eure UBS hat auch mit ihren Millionen sich nicht gegen den Westdeutschen Rundfunk Köln durchsetzen können und den Namen Warburg Dillon Read aus dem Firmenportfolio entfernt.
Und dann noch ein Herr „mds“, der meint, das Markenrecht begriffen zu haben, aber dann hier mit dem mdr verwechselt werden will.
[Edit: Absatz gelöscht. Persönliche Unterstellungen aus der Kategorie Rufmord sind hier unerwünscht.]
Für Amazee gilt der „Welpenschutz“ aber nicht mehr. Oder ist „Schweizer sein“ äquivalent zu „blond sein“?
Leute, wacht auf!
Und Amazee kann froh sein, dass es bislang nur um die Marke geht und nicht wie sonst üblich die Domain. Marken und Namen kann man ändern. Aber wenn erst mal die Mails weg sind, kann man zumachen.
@schtonk: Super, manche Stile/Argumente erkennt man sogar unter Pseudonym *wink dir rüber*
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