In einem lesenwerten Artikel gibt Jason Cohen Anregungen, welchen Fragen man sich als Startup regelmässig stellen sollte – auch wenn es unangenehm ist.

Stellte gern unangenehme Fragen: Sigmund FreudMan muss den Fragen ja nicht gleich therapeutischen Wert zumessen, aber der Artikel Ten questions to ask yourself every month von Jason Cohen versucht, zur Konfrontation mit vielleicht unangenehmen Fragen anzuregen.

Jasons Idee ist, dass die Fragen zur (Rück-)Gewinnung des Überblick zwingen sollen. Wer mit viel Tagesgeschäft eingedeckt ist, hat notorisch wenig Zeit, sich das „big picture“ ständig vor Augen zu halten. Hinzu kommt, dass man sich erstaunlich schnell immunisieren kann gegen die Bulletpoints auf den zahlreichen Strategie-Checklisten da draussen.

1. In einem Satz: warum geht es bei Ihrem Produkt und wer soll es kaufen?

2. Warum kauft man Ihr Produkt?
Wichtig: wirklich nur ein Satz. Je kürzer und präzsiser desto besser. Dann der Check: Glauben Sie wirklich daran und gibt es Belege dass das Konzepte aufgeht, wie zum Beispiel Kundenfeedback? Oder ist es Wunschdenken? Falls das Kundenfeedback in eine andere Richtung geht, tut vielleicht eine Marketinganpassung not.

3. Was könnte mehr Feedback von Kunden, potentiellen Kunden oder Leuten, die sich gegen den Kauf entschieden haben, bringen?
Feedback als einziger empirischer Weg zu Einsichten über die Zufriedenheit der Kunden mit dem Produkt. Jason gibt gleich selbst ein paar Tipps, wie sich Rückmeldungen ergattern lassen.

4. Welche eine Sache bremst die Verkäufe am meisten, Ihrer Einschätzung nach? (beispielsweise fehlende Bekannheit, look-and-feel der Website, hoher Preis, etc.)
Hier ist es sehr leicht, nicht ehrlich mit sich selbst zu sein. Gerade im Fall wo viel Kundenfeedback mit Featurewünschen eintrudelt, verrennt man sich vielleicht in einen Ausbau des Produkts, der letztlich nur für eine Nische interessant ist. Die Frage soll darum auch dabei helfen, eingetroffenes Feedback zu perspektivieren.

5. Wie lange reicht Ihr Geld, falls keine Erträge reinkommen?
Die Frage soll dazu bringen, die Reserven und die monatliche Ausgaben genau zu beziffern und auf dem Radar zu behalten. Um damit, wie Jason sich ausdrückt, die „Länge der Zundschnür“ zu kennen, und sie nicht zu verdrängen.

6. Wenn Ihnen jemand 100’000 Franken in die Hand drücken würde, wie würden Sie sie ausgeben um etwas für zukünftige Profite zu tun?
Hier gehts darum, was für kosten-zentrierte Aktivitäten es gibt, die einen positiven Effekt auf das Unternehmen haben und die der Einschätzung nach effektivste zu finden. Das generiert eine Alternative zu den „billigen“ Aktivitäten, zu denen man intuitiv tendiert, die dafür aber viel Zeit verschlingen.

7. Wenn Sie heute jemand einstellen müssten, was wäre eine Jobanforderung die diese Person erfüllen müsste um ihr Geld wert zu sein?
Detektivarbeit bei den eigenen Aktivitäten ist hier gefragt: Was bleibt immer links liegen, weil Sie wichtigeres zu tun haben, Eingreifen müssen wenn es drunter und drüber geht, oder nicht die richtigen Prioritäten setzen? Ziel ist die Identifizierung von Dingen, die eigentlich erledigt werden sollten, aber systematisch unter den Tisch fallen.

8. Welche Ihrer Business Operations hassen Sie?

Beispiele: Sie möchten die Feature-Palette erweitern, tun es aber nicht wegen dem drohenden Supportaufgaben. Sie würden gerne mehr Produktpräsentationen machen, aber die Kaltakquise von potentiellen Kunden ist Ihnen ein Graus.

Die Frage soll dazu ermuntern, chronisch aufgeschobene, weil unangehme Aufgaben hinter sich zu bringen – oder alternativ jemanden zu suchen, der die für Sie erledigt. Das kann jemand von Ihren Mitgründern sein, jemand den Sie einstellen oder Sie lassen die Sache outsourcen. Wichtig ist, dass Sie Ihnen nicht mehr ständig auf dem Magen liegt oder aufgeschoben wird.


9. Was können Sie mit halber Backe erledigen, ohne dass das negative Auswirkungen hat?

Eine Reizfrage für Perfektionisten. Hier geht es darum, explizit zu priorisieren: Was muss wirklich sorgfältig und erschöpfend erledigt werden, was nicht und wo lässt sich so Zeit sparen? Jasons Daumenregel lautet dabei: „If it can be done half-assed, and it’s not going to impact revenue, maybe it should be half-assed.“

10. Wenn Sie dem Guru Ihrer Wahl eine Stunde lang Löcher in den Bauch fragen dürften – was wären die Themen und was wäre das Ziel des Treffens?

Wo sind Sie am unsichersten und würden gern Rat bekommen? Die Antwort soll Ihnen klar machen, bei welchen Fragen Sie mit ihren eigenen Lösungen insgeheim nicht zufrieden sind und eventuell nochmals frisch überlegen sollten. Womöglich ist etwas Research und Herumfragen bei dieser Problemstellung keine schlechte Idee, und warum eigentlich nicht tatsächlich den Guru mal anschreiben?