Was treibt Gründer an auszuwandern und was prägt die Startup-Szene in Österreich und Spanien? Ein Interview mit Bernhard Niesner im Umfeld der Startup Week in Wien.

Bernhard NiesnerBernhard, was ist busuu.com und wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Bernhard: busuu.com ist eine Online-Community zum Sprachen lernen, wir verknüpfen individuelle Sprachkurse in derzeit neun verschiedenen Sprachen mit direkter Kommunikation mit Muttersprachlern unserer Community. Das funktioniert über eine integrierte Videochat-Applikation und gegenseitige Textverbesserungen.

Auf die Idee sind mein Geschäftspartner Adrian Hilti und ich gekommen, als wir einen MBA in Madrid an der IE Business School gemacht haben. Wir haben uns gefragt, warum Sprachenlernen langweilig und kompliziert sein muss und wollten dies ändern. Zu der Zeit kam gerade Facebook nach Spanien und so kamen wir auf die Idee, Sprachenlernen mit Social Media zu verknüpfen. Darauf haben wir während des MBAs den Businessplan geschrieben und kurz nachher die Firma gegründet.

Und warum habt ihr im Ausland gegründet?

Bernhard: Wir wollten zu dem Zeitpunkt nicht wieder in die Schweiz bzw. nach Österreich zurück. Spanien ist ja ein Land, wo es sich relativ gut leben lässt. Und prinzipiell ist es für selbstfinanzierte Startups vorteilhaft, dass die Mitarbeiterkosten in Spanien günstiger sind als im deutschsprachigen Raum. Unsere Entscheidung war also eine Mischung aus Business und persönlicher Präferenz.

Ihr seid mit eigenem Geld gestartet, oder?

Bernhard: Ja, die erste Finanzierung kam über «friends and family». Wir waren zwei Jahre komplett eigenfinanziert und haben 2010 die erste Kapital-Runde mit Johann Hansmann, einem österreichischen Business Angel gemacht. Im April 2011 machten wir eine 2. Angel-Runde mit Martin Varsavsky.

Ist es nicht schwieriger, im Ausland zu gründen?

Bernhard: Natürlich ist es ein wenig komplexer, was den bürokratischen Aufwand angeht – gerade hier in Spanien. Aber grundsätzlich denke ich, dass man mit einem Internet-Startup überall erfolgreich sein kann. Wenn man den Zugang zu guten Mitarbeitern und Kapital hat, ist es relativ wurscht, ob man in Berlin, Madrid oder London sitzt. Und für busuu.com gilt: 80 Prozent des Traffics kommt ohnehin von ausserhalb von Spanien.

Was sind die Unterschiede der zwischen der Startup-Szene in Spanien und hier?

Bernhard: Da gibt es einige, generell ist die Szene in Spanien kleiner. Auch spürt man hier zurzeit sehr die Krise, da ist es schwieriger an Kapital zu kommen und die Förderlandschaft ist auch nicht so stark entwickelt wie im deutschsprachigen Raum. Aber es gibt hier auch talentierte Leute mit interessanten Business-Modellen. Ein direkter Unterschied ist: Der Fokus für die Expansion von spanischen Startups ist in der Regel Lateinamerika, einfach wegen des gemeinsamen Sprachraums.

Kannst du zwei, drei interessante spanische Startups nennen?

Bernhard: Da gibt es z.B. IMASTE, ein Startup welches virtuelle Messen organisiert oder Chicisimo, ein Social Network für Mode.

International bekanntere Start-Ups die es auch bis zum Exit geschafft haben sind z.B. Tuenti, ein spanisches Studi-VZ welches letztes Jahr von Telefonica für 70 Millionen Euro übernommen wurde oder BuyVIP, das spanische «Vente privee» welches ebenso letztes Jahr von Amazon gekauft wurde.

Warum bist du an der Startup Week?

Bernhard: Startups kämpfen meistens mit ähnlichen Problemen. Da geht es z.B. um SEO, lokale Zahlungsmöglichkeiten in Emerging Markets, Online-Marketing, mobile Development etc. Bei solchen Events kann man sich hervorragend mit anderen Leuten austauschen, die schon einen Schritt weiter sind.

Welche österreichischen Startups sollten wir auf dem Radar haben?

Bernhard: Es gibt sehr interessante Startups in Österreich, von denen man in Zukunft noch viel hören wird. Zum Beispiel durchblicker.at, diagnosia.at, tripwolf.com, mysugr.com (welche ja auch die Start-Up Competition gewonnen haben), Runtastic etc..

Gerade in letzter Zeit hat sich bei euch viel getan, ihr habt seit kurzem vier Millionen User. Was ist jetzt anders an zu Beginn, wie haben sich eure Herausforderungen verändert?

Bernhard: Zu Beginn waren wir noch relativ frei in der Gestaltung des Produkts, wir konnten sehr kreativ arbeiten und unser Gaming-Konzept zum Sprachenlernen entwickeln. Mittlerweile ist es so, dass wir uns mit vier Millionen Usern sehr gut überlegen müssen, was wir verändern. Manche unserer User verbringen ja mehrere Stunden pro Tag auf unserer Website und da erhalten wir sofort Feedback, wenn wir etwas verändern.

Das Team ist auch stark gewachsen, wir sind mittlerweile 12 Leute und arbeiten mit über 40 Freelancern zusammen. Das heisst, wir sind an dem Punkt angelangt, wo wir aus dem Startup eine «richtige Firma» machen müssen, mit Reporting-Strukturen und verschiedenen Aufgabenbereichen. Wir sind auch nach wie vor ständig auf Talentsuche und in Spanien ist es nicht einfach, gute Programmierer zu finden, die noch dazu auch Englisch können. Deswegen rekrutieren wir momentan auch sehr stark international.

Was steht bei Busuu in der nächsten Zeit an?

Bernhard: Wir launchen in Kürze drei neue Sprachkurse. Wir arbeiten ausserdem stark am B2B-Markt, wo wir unsere Online-Sprachkurse an Firmen oder Institutionen vermarkten. Ausserdem haben wir derzeit starkes Wachstum im mobilen Bereich, hier sind wir gerade dabei, die Angebote zu verbessern und weiter auszubauen.