Connex.io-Gründer Marcus Kuhn erzählt, warum er wieder bootstrapped starten würde und wie sein Team mit 70’000 Franken für eineinhalb Jahre Entwicklung ausgekommen ist.

von Marcus Kuhn, Gründer connex.io

Startup-Diary: Marcus KuhnDie Zahlen sind deutlich, mit unter 70’000 Franken haben wir bei connex.io 18 Monate überstanden. Dabei hatten wir streckenweise bis zu fünf Leute, die am Projekt gearbeitet haben. Dies entspricht einer Burn Rate von unter  4’000 Franken pro Monat und wir sind stolz darauf.

Bootstrapping hat viele Vorteile aber natürlich auch Nachteile. Der grosse Vorteil: Sich als Unternehmer selbst zu bestimmen und einen Grossteil der Anteile am eigenen Unternehmen zu halten. Der grosse Nachteil: Die fehlende Unterstützung von Investoren, welche (bei Entscheidungen) mit Erfahrungswerten helfen und mit ihrem Geld die Entwicklung deutlich beschleunigen können. Der erste Nachteil kann durch aktives Networking zumindest gemildert werden, als Bootstrapper wird man jedoch immer über limitiertere Ressourcen als ein finanziertes Startup verfügen.

Nach über einem Jahr würde ich mich alles in allem wieder dazu entschliessen, zu bootstrappen. Allerdings würde ich einiges tun, um die Entwicklung schneller voran zu treiben und das Produkt noch früher in die Hände von Kunden geben. In diesem Blogpost möchte ich aber aufzeigen, wie wir mit wenig Geld so weit gekommen sind. Immerhin haben wir es in 18 Monaten von der Idee zum funktionsfähigen Produkt geschafft.

No Salaries, no luxuries

Gründer in einem bootstrapped startup beziehen keine Gehälter, sie setzen alles auf eine Karte: Den Unternehmenserfolg. Deshalb maximieren sie die Unternehmensanteile in ihrem Besitz; im Falle eines Erfolges profitieren die Gründer dadurch umso mehr.

Ein Internet Startup kann heute mit nahezu Null Franken gestartet werden (man siehe auch diesen hervorragenden Talk von Memonic). Ein Office wird nicht benötigt, in Universitäten und Bibliotheken stehen kostenlose Arbeitsplätze bereit, die nur darauf warten, genutzt zu werden. Mit ein wenig Kreativität kann man auch den kostenlosen Internetzugang nutzen welcher normalerweise nur Studenten zur Verfügung steht. Nicht unbedingt der bequemste Arbeitsplatz, aber gut genug und die kreative Energie an einer Uni ist definitiv arbeitsfördernd. Ansonsten kann man sich alternativ auch in seinem eigenen Zimmer einschliessen.

Grundlegend muss man versucht werden, an allen Ecken zu sparen und das vorhandene Geld so verwenden, dass es den optimalen Nutzen hat. Wir haben dies getan, um Wissenslücken im eigenen Team zu füllen. Sei es ein Entwickler für ein klar definiertes Problem, jemand der für uns eine iOS App entwickelt oder der Designer, welcher einen wertvollen Beitrag leistet. Wir sind froh darüber, unser Geld sinnvoll genutzt zu haben und nur wenig Lehrgeld bezahlt zu haben. Dazu müssen die Partner aber sorgfältig ausgewählt werden.

Angestellte mit anderen Dingen als Geld «bezahlen»

Der grösste Kostenfaktor in einem Internetstartup sind, zumindest zu Beginn, die Gehälter. In einem bootstrapped startup können diese schnell die gesamten Ressourcen auffressen. Darum ist es wichtig, Löhne tief zu halten. Das widerspricht aber dem Grundsatz, dass man nur «A Players» anstellen soll – diese sind per Definition teuer.

Es gibt aber andere Dinge als monetäre Entlöhnung, welche für Leute interessant sein können. Ein Startup kann vieles bieten, das in einem etablierten Unternehmen nicht mehr möglich ist. Und die richtigen Leute achten auf diese Faktoren, wenn sie sich nach einem neuen Job umsehen. Dies sind unter anderem die Freiheit, das Unternehmen von Beginn an mitzugestalten, herausfordernde Aufgaben, Verantwortung etc.

Am allerwichtigsten ist aber aus meiner Erfahrung, mit seinen Angestellten fair umzugehen und eine Unternehmenkultur zu schaffen, die es den Leuten ermöglicht ihr Bestes zu geben. Aus diesem Grund geht der erste Drink bei connex.io immer auf mich.