Zuerst das Geld, dann die Idee – das Design Thinking Startup will mit Vorschussfinanzierung innert zehn Monaten eine Geschäftsidee für ein funktionierendes Jungunternehmen finden.

Zu Besuch in Stanford: Das Team des Design Thinking Startups {HSG;http://dthsg.com/dtsag/}Fragt man, worin ein Startup-Investor sein Geld investiert, erhält man immer die gleiche Antwort: In Idee und Team. Das Design Thinking Startup hatte anfangs weder das eine noch das andere, denn beim Projekt der HSG wird das Pferd von hinten aufgezäumt.

Mittels Design Thinking soll in diesem Experiment ein Startup aus der Retorte entstehen. Für die Idee suchte die HSG per Crowdfunding auf c-crowd zunächst nach Kapital, 100’000 Franken für die Gründung einer AG kamen zusammen. Parallel dazu konnten sich Studis schweizweit für das Startupteam bewerben. Nachdem das Coaching-Team der HSG ein Team aus den Bewerbern zusammengestellt hat, kann es jetzt losgehen. Die zusammengewürfelte Gruppe hat zehn Monate Zeit, eine Geschäftsidee zu finden und daraus ein Unternehmen zu basteln.

Vetrauensvorschuss

Einer der vier frischgebackenen Gründer heisst Fabio Carlucci. Er studiert BWL an der HSG. Ist er nicht nervös, angesichts der gesammelten Erwartungen von Investoren und der eigenen Uni? Auf jeden Fall, meint Fabio. Aber es sei jetzt wichtig, sich nicht einschüchtern zu lassen und sich den Raum zum freien Überlegen zu nehmen.

Das Team sei motiviert und vertraue auf die Methode, das Design Thinking. Das ist eine Art strukturierter Ideenfindungsprozess, der an der Uni Stanford entwickelt wurde. Dabei wird möglichst kreativ und nutzerorientiert nach Lösungen für bestehende Probleme gesucht. Die Ideenfindung funktioniert mittels einer Feedbackkultur, die einen unkonventionellen Blick als Ausgangpunkt für frische Einfälle begünstigen soll. Kern des Design Thinking Startups ist, konstant Feedback zu suchen und Ideensuche und Entwicklung nach aussen transparent zu dokumentieren. Ihre Fortschritte wollen die Gründer dazu laufend auf einem Blog dokumentieren – man wird ihnen also beim Aufbau über die Schulter schauen können.

Zurzeit arbeiten die angehenden Gründer rund zwei Tage pro Woche für ihr Startup, ab Januar werden sie voll einsteigen. Einen Lohn erhalten sie nicht, stattdessen gehört ihnen eine Beteiligung am Unternehmen. Beim Prozess wird das Startup-Team von Lehrkräften der HSG gecoacht. Dazu gibt es regelmässig sogenannte Challenges, die das Team aus dem Uni-Drill herausholen und ihm den Einstieg in den Kreativprozess erleichtern sollen. Die jüngste Übung zum Beispiel: Mit einer Büroklammer als Startkapital nach draussen gehen und Gegenstände von zunehmendem Wert ertauschen.

Mit dem Versuch, ein Startup-Spinoff auf diesem Weg zu entwickeln, betritt die Hochschule Neuland. Der Bereich Design Thinking an der HSG stand bisher vor allem Grossunternehmen als Ideenlabor zur Verfügung.

Das Team entscheidet

Zurück zum Anfang: Bei Startups zählt für viele Investoren das Team mehr als die Idee, aus gutem Grund. Ob dieses Startup tatsächlich flügge wird und eine funktionierende Geschäftsidee auf die Beine stellen kann, wird letztlich von der Teamchemie abhängen und davon, wie die gecasteten Gründer in ihre Rollen hineinwachsen. Diese kristallisieren sich langsam heraus: Fabio sieht sich selbst als Marketing und Networking-Guy, während Benedikt Escher bereits die Rolle des Kapitäns übernehme.

Dass mit einer angeleiteten Ideenfindung wie hier tatsächlich ein «next big thing» entsteht, wäre ein ein ziemlicher Glücksfall. Obwohl es natürlich möglich ist, dass sich der dazu nötige Visionär im Team versteckt. Die Chancen, dass aus dem Experiment ein spannendes kleines Unternehmen gedeiht, stehen meiner Meinung nach aber gut. Schliesslich haben die Jungs mit Startkapital und dem Support einer renommierten Uni eine ideale Basis, von der andere Startups nur träumen können.

In jedem Fall ist das Projekt ein höchst interessanter Vesuch. Die Teilnehmer haben hier eine einmalige Chance, Unternehmertum risikolos firsthand zu erfahren und Fähigkeiten zu erproben, die so an der Uni sonst nicht vermittelt werden. So ist auch eines für Fabio jetzt schon klar: hier lerne er mehr als in jeder Vorlesung.