CEO David Brunner zur Neuausrichtung von cabtus und einem Stealth-Projekt, das in den nächsten Wochen lanciert werden soll.
Zwei Monate ist es her, dass cabtus den Kampf um den Taxivermittlungsmarkt aufgegeben hat. Wir erinnern uns: Cabtus trat an, mit einer Mobile App zur Taxibestellung eine Alternative zu bestehenden Taxizentralen zu bieten. Offizieller Launch war im Oktober.
Das deutsche Startup myTaxi, das mit demselben Konzept bereits im Heimatmarkt Fuss gefasst hatte, versenkte diese Idee aber. Seit Oktober 2011 akquiriert das in Hamburg gegründete Startup in der Schweiz und wurde schnell zum dominierenden Player. Entscheidend war wie bei vielen schnell skalierenden Jungunternehmen der schlagkräftige Sales-Apparat, den die Gründer in Stellung brachten. Üppige Finanzierung (mittlerweile über 10 Millionen Euro) sorgt gleichzeitig dafür, dass beim Marketing nicht gekleckert wird. Dem hatte das Zürcher Startup nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen.
B2B statt B2C
Cabtus‘ Reaktion: ein Kurswechsel und eine Besinnung auf die Stärken der eigenen Technologie. Laut CEO David Brunner ist es ein Zurück zu den Wurzeln für das 2009 gegründete Startup. Statt sich im Aufbau eines zweiseitigen Marktes mit Akquise abzumühen, will das Team sich künftig auf Entwicklung konzentrieren. Beim Geschäftsmodell zielt man den Schwenk auf B2B an.
Cabtus will dazu die ursprüngliche Vision neu angehen und eine Allzweck-Plattform im Bereich Mobilität bereitstellen. Denn für die eigens entwickelte Software «Lumos» habe man von Beginn an eine breitere Ausrichtung als nur Taxivermittlung im Kopf gehabt, so David Brunner. Die aus verschiedenen Modulen bestehende Software bietet etwa Routen-Optimierung von Tür-zu-Tür, das Organisieren von Sammelfahrten und auch die Einbindung anderer Verkehrsmittel; ein Payment-System ist ebenfalls in Entwicklung.
Erster Schritt in den Markt sollte das Taxi-Geschäftsmodell sein, obwohl es von der Plattform-Vision wegführte.
Mobilität as a Service
Im Hintergrund lief aber die Entwicklung von B2B-Produkten weiter, die nun zum eigentlichen Standbein werden. Erstes Beispiel: Taxi Disposition, eine Software-as-a-Service, die Flottenmanagement und Fahrtenbestellung für kleinere Taxiunternehmen erschwinglicher macht. Als Kunden angepeilt werden Zentralen mit weniger als 50 Fahrzeugen, für die bestehende Lösungen wegen hoher Anschaffungskosten kaum rentieren.
Zudem hat cabtus im März die Carpooling Plattform RideShare von PTV Swiss übernommen, mit der künftig Lösungen für Unternehmen angeboten werden. Daneben setzt cabtus verschiedene Projekte für Kunden um. Darunter etwa eine Applikation für Firmen, die ihre Taxinutzung und -abrechnung mit einem Gutscheinsystem zentral verwalten möchten.
Bei all diesen Aktivitäten sei man aber darauf bedacht, sich nicht im Projektgeschäft verlieren, so der CEO. Ziel sei nach wie eine Reihe von skalierbaren Produkten, die auf der Haussoftware Lumos basieren und als Saas laufen. Cabtus will zu einer Plattform werden, die als Hub für zahlreiche Anwendungen fungiert. Langfristiges Ziel sei, ein «SAP für den Bereich Mobilität» zu sein, so die Gründer.
Fokus vs. Plattformidee
Besteht da für ein Startup nicht die Gefahr der Verzettelung? David Brunner stimmt zu. Die momentane Phase der Selbstfindung soll denn auch schon im Sommer abgeschlossenen sein. Eine schnelle Fokussierung habe oberste Priorität, damit cabtus erste Produkte monetarisieren kann: der Break-Even soll noch dieses Jahr erfolgen. Erst wenn die Produkte wiederkehrende Erlöse generieren, will cabtus die «Applikationseite aufmachen».
Vorher steht aber noch ein Stealth-Projekt auf dem Fahrplan, das in den kommenden Wochen lanciert werden soll. Details zu dem Dienst dürfen wir nicht publizieren, es handelt sich um einen Service, der vorhandene Verkehrsinformationen mit einer sozialen Komponente verschaltet. Cabtus präsentierte dazu folgenden Teaser am letztwöchigen iMobility-Roundtable.
Mein Eindruck nach Davids Schilderung: vielversprechend.
Ein weiteres Projekt läuft in Kollaboration mit der Klimastiftung Schweiz. Dafür sind die Gründer auf der Suche nach grossen Unternehmen, für welche die Mobilität ihrer Mitarbeiter ein zentrales Thema ist. Angedacht ist ein Pilotprojekt im Bereich Carpooling.
Gegründet wurde Cabtus 2009 von David Brunner, Christoph Müller und Stefan Kaspar. Das Startup hat im April eine erste Kapitalerhöhung bekannt gegeben, mit an Bord als Verwaltungsrat ist seither Business Angel Matthias Wolf.
Was zeigt dieses Beispiel. Der Erfolg liegt in der Umsetzung. Ideen haben viele. Die Art der Umsetzung jedoch bestimmt den Erfolg. Gerade deshalb sind Ideen nicht wie es in Büchern immer wieder dargestellt wird beliebig reproduzierbar. Das nötige Startkapital tut ein übriges.
Gemäß Schumpeters Regel der schöpferischen Zerstörung setzt sich das Bessere durch. Ob dies hier der Fall ist bleibt fraglich.
Gruss
Klaus Schaumberger