Mit Home & Living hat das vor zwei Jahren gegründete Deindeal einen neuen Geschäftsbereich ganz nach Startup-Manier aufgebaut – und zeigt, wo es hingehen soll mit seinem Inkubatorprogramm.

E-Commerce-Gründungen spielen auf startwerk.ch eine weniger grosse Rolle – kein Wunder, sind sie doch meist Verlängerungen bestehender Vertriebsmodelle ins Netz und wenig innovativ.

Bei Deindeal spricht einiges dafür, eine Ausnahme zu machen. Denn hier lässt sich mitverfolgen, wie sich Startups methodisch bauen und skalieren lassen. Mit dem hauseigenen Angebot Incubate@Deindeal hat das Unternehmen eine Plattform, die gezielt Jungunternehmer für E-Commerce-Projekte sucht. Laut Deindeal-Mitgründer Adrian Locher ist das Ziel, die Startup-Kultur beizubehalten und eigenständige Unternehmer auf Projekten arbeiten zu lassen, nicht einfach leitende Angestellte.

Diese «Gründerpraktikanten» erhalten im Idealfall die Chance, ein Projekt wie das eben gestartete Home & Living relativ selbstständig zu starten und zu führen. Als Anreiz gibt es Anteile am Startup, abhängig vom Finanzierungsbedarf zwischen 15 und 30 Prozent. Die Idee des Programms erinnert an das Modell der «Entrepreneurs-in-Residence» bei Rocket Internet. Die deutsche Startup-Fabrik ist für Adrian Locher auch ein Vorbild, allerdings nur «bei der Struktur, nicht aber der Kultur». Man lege mehr Wert auf Nachhaltigkeit als auf schnelles Geld.

Effizienz statt Innovation

Anders als in anderen Startup-Biotopen ist bei Incubate@Deindeal dafür der Fokus mit E-Commerce und Flash-Sales klar festgelegt. Man sei kein technologiegetriebener Inkubator, meint Adrian: «Wir haben nicht das Ziel, möglichst innovativ zu sein. Wir wollen schlagkräftige E-Commerce-Angebote bauen.»

Daher ist beinahe sicher, dass vom Inkubator des Groupon-Klons in absehbarer Zeit nichts wirklich Innovatives kommen wird, dafür aber gezielt Nischen im Onlinehandel ins Visier genommen werden. Deindeal hat sich aber für seine Organisation und Kultur die richtige Spielwiese ausgesucht. Denn E-Commerce ist zehn Prozent Idee, 90 Prozent Prozessbeherrschung – von jeher der Kern dieses Startups.

Betrachtet man die Deindeal-Operation unter diesem Gesichtspunkt, ist man ungeachtet der mangelnden Innovation beeindruckt vom Handwerk. Das Startup zeigt sich als gut geölte Salesmaschine, die mit einer geschickten Mischung aus Inhalten (man lanciert auf Home & Living begleitend eine Art Online-Wohnmagazin) und Rabattangeboten operiert. Im Kanal ist jedes Designelement genau durchdacht und ist an allen Ecken und auf Conversion-Optimierung gemünzt, also die Verbesserung der Verkaufsabschlüsse.

Schnell Fuss fassen

Das Deindeal nach wie vor Skalierung beherrscht, sieht man daran, dass Recruiting und Entwicklung von Home & Living in vier Monaten über die Bühne gingen. Künftig soll es gar noch schneller gehen, ein beschlossenes Projekt auszugründen. Wenn alles nach Plan verlaufe, verdopple sich das jetzige Team bis Ende Jahr auf 40 Mitarbeiter, so Julian Teicke, der zusammen mit Maximilian Rofagha das Startup im Startup leitet.

Dabei hat das Unternehmen mit dem E-Commerce-Startup Neuland betreten. So trat Deindeal ja bislang nur als Vermittler auf, der für das Verdealen von Rabattenangeboten eine Kommission erhält. Mit Home & Living ist Deindeal neu auch Einkäufer und Auslieferer von Produkten. Dafür mussten eine neue Logistik-Absteilung und ein Warenwirtschaftssystem erst komplett aufgebaut werden. Da man hier keine Erfahrungen gehabt habe, sei viel davon Suche nach best practices und learning by doing gewesen.

Home & Living ist für Deindeal zweierlei: einerseits Pilotprojekt, andererseits Basis für weitere E-Commerce-Projekte, die einen eigenen Endkundenversand ins Feld führen. Die Entscheidung für die gewählte Nische wurde sehr agnostisch getroffen. Man schaute sich an, wo Wachstumspotenzial existiert und der Markt noch grösstenteils offline stattfindet. Dabei wurde ein Feld nach dem anderen analysiert, so Maximilian Rofagha. Bei Heimdekoration wurde man fündig: Der Möbelmarkt in der Schweiz zeigt einen Gesamtumsatz von 4,5 Mia. Franken, wovon bislang weniger als vier Prozent online gemacht werden.

Nach vier Monaten live

Die Umsetzung von Home & Living startete im Februar, seit dieser Woche ist der Kanal als Navigationspunkt bei Deindeal eingebunden. Dort werden täglich zwei neue Warenangebote, Deindeal-intern heissen sie Kampagnen, aufgeschaltet. Diese enthalten jeweils rabattiert verfügbare Produkte und laufen fünf Tage. Die Deals werden von momentan rund zehn Deindeal-Einkäufern vorbereitet und vor dem Schalten einer Kampagne beim Lieferanten reserviert. Schneller Durchlauf ist Trumpf: Nach dem Ablauf des Angebots werden die bestellten Waren bei Deindeal angeliefert – für die Logistik hat man ein Lager in Eglisau angemietet – dort umverpackt und binnen 24 Stunden an die Kunden versandt.

Schaut man sich am Deindeal-Sitz den Stock von Home & Living an, so ist man zunächst einmal von der kargen Ausstattung überrascht. Zahlreiche Schreibtische und ein grosses Whiteboard zur Kampagnenplanung sind praktisch die einzige Einrichtung. Tatsächlich sei man wie ein Lean Startup unterwegs, nicht schick, aber dafür schnell und motiviert, sagt Maximilian Rofagha. Und verweist dann auf den ersten Luxus, den man sich bisher geleistet habe: ein einzelnes Sofa.

Incubate@deindeal hat mittlerweile sechs Leute, die das Programm durchlaufen. Sobald sich dort ein passendes Team heraushebe, werde man das nächste Vertical in Angriff nehmen. Diskutiert werden derzeit weitere E-Commerce-Sparten, von Sportartikeln bis zu Wein und Delikatessen.